Hartz-IV-Debatte:Dumping und Dummheiten

Angst vor der "staatlich geförderten Billigkonkurrenz": Das Handwerk wettert gegen die Vorschläge von Hannelore Kraft. SPD-Chef Gabriel stellt sich dennoch hinter seine NRW-Spitzenkandidatin.

Während das Handwerk mit starker Kritik gegen die Vorschläge der SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft angeht, haben sich führende SPD-Bundespolitiker erneut vor die Herausforderin von Ministerpräsident Rüttgers gestellt und deren Vorschläge für eine Hartz-IV-Reform verteidigt. "Wenn einige behaupten, sie habe gefordert, Hartz-IV-Empfänger sollten ohne Bezahlung arbeiten, dann ist das Unsinn", sagte der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel der Thüringer Allgemeinen laut Vorabmeldung. Die SPD-Spitzenkandidatin in Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft, hatte vorgeschlagen, Langzeitarbeitslose für gemeinnützige Tätigkeiten einzusetzen.

Handwerkspräsident Otto Kentzler warnte unterdessen vor einer staatlich geförderten Billigkonkurrenz. Er kritisierte die Vorschläge, Hartz-IV-Empfänger für gemeinnützige Arbeiten heranzuziehen. "Ob es nun Arbeitspflicht oder 'soziale Arbeit' genannt wird - die öffentliche Förderung gefährdet Arbeitsplätze in Unternehmen und verhindert die Vermittlung in reguläre Beschäftigung", sagte der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks der Tageszeitung Die Welt.

Das Handwerk mache schon lange schlechte Erfahrungen mit der Billigkonkurrenz zum ersten Arbeitsmarkt, kritisierte Kentzler. Wenn Kommunen Langzeitarbeitslose beispielsweise über Ein-Euro-Jobs zu Dumpingkonditionen für umfangreiche gewerbliche und handwerkliche Tätigkeiten einsetzten, verlören in der Folge Handwerksbetriebe Aufträge und Arbeit

SPD-Chef Gabriel hingegen sagte, man müsse Langzeitarbeitslosen bessere öffentliche Arbeitsangebote als Ein-Euro-Jobs machen. Diese seien viel zu kurz befristet. "Und zweitens darf das nicht zu Lasten des ersten Arbeitsmarktes gehen", wurde der SPD-Bundeschef zitiert. SPD- Bundestagsvizefraktionschef Hubertus Heil sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung, es sei unmenschlich, Druck auf Menschen auszuüben, die keine Beschäftigungschance hätten.

Für einen staatlichen Arbeitsmarkt nannte Heil mehrere Grundsätze: Die Angebote müssten zusätzlich und freiwillig sein. Sie dürften nicht in Konkurrenz zu regulärer Arbeit treten. Und sie müssten eine langfristige Perspektive bieten und sich damit deutlich von den auf sechs Monate befristeten Ein-Euro-Jobs unterscheiden. Der SPD-Politiker sprach sich außerdem dafür aus, eine verlängerte Zahlung des Arbeitslosengeldes I zu diskutieren, dies aber an Bedingungen wie eine Fortbildung zu knüpfen. "Das heißt, wer sich weiterbildet, der kann auch länger ALG I bekommen."

Dieser Vorschlag müsse auf jeden Fall erörtert werden, sagte Heil. Erste Ergebnisse sollen demnach in der kommenden Woche vorgestellt werden.

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