Süddeutsche Zeitung

Drohender CDU-Ausschluss:Maaßen klagt über "seit Wochen laufende Schmutzkampagne"

Der frühere Verfassungsschutz-Chef lässt das Ultimatum zum freiwilligen Parteiaustritt verstreichen und zeigt sich angriffslustig.

Von Georg Ismar und Nicolas Richter, Berlin

Dem früheren Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, droht ein Parteiausschlussverfahren aus der CDU. Am Sonntagmittag lief eine Frist ab, die ihm das CDU-Präsidium gesetzt hatte, um von sich aus die Partei zu verlassen. Bis zum Fristablauf reagierte Maaßen aber nicht. Der Bundesgeschäftsstelle der CDU Deutschlands liege keine Austrittserklärung von Maaßen vor, teilte ein CDU-Sprecher in Berlin auf Anfrage am Sonntag mit. Für diesen Fall hatte das Präsidium am Montag vor einer Woche angekündigt, beim Bundesvorstand die Einleitung eines Ausschlussverfahrens und den sofortigen Entzug der Mitgliedsrechte zu beantragen.

Grund für diesen Schritt sind wiederholte kontroverse Äußerungen Maaßens. "Immer wieder gebraucht er die Sprache aus dem Milieu der Antisemiten und Verschwörungsideologen bis hin zu völkischen Ausdrucksweisen", kritisierte das CDU-Präsidium vergangene Woche. Maaßen verstoße "laufend gegen die Grundsätze und Ordnung der Partei". Unter anderem hatte sich Maaßen zuletzt von der nationalkonservativen "Werte Union" zu deren Vorsitzenden wählen lassen. Die CDU-Spitze stellte jüngst allerdings klar, dass eine Mitgliedschaft in der konservativen "Werte Union" mit einer Mitgliedschaft in der CDU unvereinbar sei.

Um kurz vor 12 Uhr am Sonntag, also wenige Minuten vor dem Auslaufen des Ultimatums, hatte Maaßen auf Twitter von einer "seit Wochen laufenden Schmutzkampagne" gesprochen und sich bei seinen Anhängern für die Unterstützung bedankt. "Nur Gegenwind gibt unserer Sache Aufwind! Ich freue mich darauf", hieß es in der Nachricht weiter.

Maaßen leitete das Bundesamt für Verfassungsschutz von 2012 bis 2018. Er wurde nach kontroversen Äußerungen in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Seitdem sorgten seine Bemerkungen immer wieder für Aufsehen. Zuletzt erklärte er zum Beispiel in einem Tweet, Stoßrichtung der "treibenden Kräfte im politischen-medialen Raum" sei ein "eliminatorischer Rassismus gegen Weiße". In einem Interview sprach der 60-Jährige von einer "rot-grünen Rassenlehre". Das CDU-Präsidium erklärte am Montag vergangener Woche: "Für seine Äußerungen und das damit zum Ausdruck gebrachte Gedankengut ist in unserer Partei kein Platz."

Parteichef Friedrich Merz hatte mit dem Schritt zunächst gezögert, da die Hürden für einen Ausschluss aus der CDU hoch sind. Ähnliche Verfahren in anderen Parteien haben sich immer wieder als langwierig und schwierig erwiesen, etwa das der SPD gegen den früheren Kanzler Gerhard Schröder oder das der Grünen gegen den Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer.

Sachsens Ministerpräsident Kretschmer sieht möglichen Parteiausschluss kritisch

In der CDU bleibt ein möglicher Ausschluss Maaßens daher umstritten. Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer etwa ist skeptisch. "Ich bin nicht der Meinung, dass man Leute von heute auf morgen ausschließen muss", sagte Kretschmer am Freitag im Politik-Podcast von Sächsische.de. Allerdings könne er sich nicht erklären, was Maaßen noch in der CDU wolle. "Er lässt ja auch keine Gelegenheit aus, um deutlich zu machen, dass er mit dem, was uns hier verbindet, was wir gemeinsam erreichen wollen, nichts zu tun hat", erklärte Kretschmer.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Vize-Vorsitzende der CDU Hessen, Michael Brand, fordert dagegen Härte. "Die CDU hat mit der klaren Entscheidung gegen Maaßen das richtige Signal gesetzt, für konservative und gegen extreme Positionen", sagte Brand der Süddeutschen Zeitung. Maaßen sei maßlos geworden, von sich selbst berauscht und auf Applaus aus, um fast jeden Preis. "Er sollte nicht den Märtyrer geben, sondern sollte sich ehrlich machen: Er ist schon länger nicht mehr CDU, er will nur so lange wie möglich den guten Namen für sich nutzen", kritisierte Brand. "Ehrlich wäre, endlich zu gehen und es mit Anstand zu versuchen, statt auf fremde politische Spesen leben zu wollen."

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