Hannover:Stadt der Seilschaften

Der Skandal um den Oberbügermeister beschädigt die SPD.

Von Peter Burghardt

Als Hannovers Rathaus 1913 eingeweiht wurde, war der letzte deutsche Kaiser dabei. Seitdem dient der Bau als politische Trutzburg, deren dicke Mauern so manches Geheimnis fest eingeschlossen halten. Zuletzt spielten sich über Jahre hinweg Dinge ab, die nun den SPD-Oberbürgermeister Stefan Schostok zu Fall bringen. Es geht um überhöhte Gehaltszahlungen an Funktionäre. Die Stadtpolitik in Hannover war Ausgangspunkt zahlreicher Karrieren. Und das Rathaus war stets Bastion der SPD, sie regiert Hannover seit 73 Jahren. Ihre kommunalpolitische Glaubwürdigkeit war nicht zuletzt dank der Stadt Hannover stets groß. Schostoks Sturz trifft die Partei in einer großen Schwächephase, die Sozialdemokraten setzen eine ihrer letzten Hochburgen aufs Spiel und belasten auch ihren Ministerpräsidenten Stephan Weil. Die Affäre nährt den Ruf der niedersächsischen Landeshauptstadt, ein Hort der Seilschaften zu sein.

Das Problem geht indes über Hannover hinaus. Auch die Bürgermeister von Regensburg, Ingolstadt und Wiesbaden gerieten wegen diverser Verfilzungen ins Visier der Justiz. Der Schaden für die Städte ist erheblich. Deswegen sollte Hannover nun mit Zahlen offen umgehen. Schostok hätte sofort nach der Anklage abtreten müssen. Seiner SPD könnte der Skandal die Macht kosten.

© SZ vom 02.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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