Hannover:Oberbürgermeister unter Anklage

Stefan Schostok soll Mitarbeitern zu Unrecht hohe Zulagen gewährt haben. Die Staatsanwaltschaft sieht darin schwere Untreue, es geht um mehrere Zehntausend Euro.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Seit Monaten ist von der Rathausaffäre in Hannover die Rede, von unzulässigen Zulagen für Spitzenbeamte. Jetzt klagt die Staatsanwaltschaft der niedersächsischen Landeshauptstadt den Oberbürgermeister Stefan Schostok (SPD) an, dazu seinen bisherigen Bürochef Frank Herbert sowie den früheren Personaldezernent Harald Härke, der als Kulturdezernent suspendiert worden war. Es geht um nicht vorgesehene Zahlungen in Höhe von insgesamt ungefähr 64 000 Euro.

Schostok und Härke legt die Staatsanwaltschaft schwere Untreue zu Last, sie sollen zwischen 2015 und 2018 für Herbert 49 000 Euro und für einen früheren Feuerwehrchef 14 600 Euro zu viel Gehalt genehmigt haben. Letzterer hat die Summe zurückerstattet. Herbert wird Anstiftung zur Untreue vorgeworfen. Nun muss das Landgericht Hannover entscheiden, ob es das Hauptverfahren gegen die drei Beschuldigten eröffnet. Man werde dem Gericht "zwei Umzugskisten voll mit Akten und Unterlagen" übergeben, sagte Oberstaatsanwalt Thomas Klinge der SZ. CDU und FDP fordern Schostoks Rücktritt. Der 54-Jährige will an seinem Amt festhalten, erklärte er am Mittwoch. Er halte sich für unschuldig und sehe dem Ausgang des Verfahrens zuversichtlich entgegen. Auch da ihm die Anklageschrift noch nicht vorliege, werde er sich zu Details im laufenden Verfahren nicht äußern. Schostok ist seit 2013 Oberbürgermeister. An der Stadtspitze folgte er seinem Parteikollegen Stephan Weil, dem heutigen Ministerpräsidenten der großen Koalition im Land.

Seit einem halben Jahr wird ermittelt. Aufgeflogen war die Sache, nachdem Dezernent Härke versucht haben soll, seiner Lebensgefährtin einen Job bei der Stadt zu besorgen. Schostok wollte Härke dem Vernehmen nach kündigen, worauf Informationen über die unzulässigen Gehälter gestreut wurden.

Spott und Kritik hatte Schostok zuletzt ausgesessen. Am Mittwoch ehrte er den früheren Bundeskanzler und SPD-Chef Gerhard Schröder mit einer Feierstunde im Rathaus zu dessen 75. Geburtstag und überreichte ihm eine Bronzeskulptur. Sie zeigt einen Mann vor einem Zaun und soll daran erinnern, wie Schröder als junger Abgeordneter nach einem Kneipenabend am Zaun des Bonner Kanzleramtes rüttelte. "Zum 80. sehen wir uns wieder", so Schröder zu Schostok, "du als Oberbürgermeister, ich als Jubilar."

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