Süddeutsche Zeitung

"Handygate":Ermittlungen eingestellt

Der Generalbundesanwalt ermittelt nicht länger wegen des abgehörten Merkel-Telefons. Die Beweislage sei zu dünn, heißt es.

Von Tanjev Schultz, München

Die Abhöraffäre um das Handy von Kanzlerin Angela Merkel bleibt juristisch folgenlos. Generalbundesanwalt Harald Range stellte ein Ermittlungsverfahren aus Mangel an Beweisen ein. Der Vorwurf, Merkels Mobiltelefon sei durch die USA ausgespäht worden, lasse sich "nicht gerichtsfest beweisen", teilte die Bundesanwaltschaft am Freitag mit. Sie hatte die Ermittlungen vor einem Jahr wegen eines Anfangsverdachts der Spionage eingeleitet. Medienberichte und Material des Whistleblowers Edward Snowden hatten nahegelegt, dass Merkels Handy jahrelang vom US-Geheimdienst NSA abgehört worden war. Indirekt hatten Vertreter der USA dies bestätigt. Die US-Regierung hatte versichert, Merkel werde in Zukunft nicht mehr überwacht; zur Vergangenheit nahm sie nicht offiziell Stellung. Die Bundesanwaltschaft spricht nun von lediglich "vagen Äußerungen". Diese würden für eine Beschreibung der Tat nicht auseichen. Auch das publizierte Material aus Snowdens Fundus sei ungeeignet. Ein wichtiges, in den Medien veröffentlichtes Dokument habe im Original nicht beschafft werden können.

Es gebe "zahlreiche Möglichkeiten", wie auf Handys zugegriffen werden könnte. Keines der "Angriffsszenarien" lasse sich im Fall von Merkels Telefon nachweisen oder ausschließen. Eine Präzisierung nach Tatzeit, Tatort und Tatumständen sei nicht möglich, teilte die Bundesanwaltschaft mit. Schon bei der Einleitung des Verfahrens waren viele in der Karlsruher Behörde sehr skeptisch. Snowdens deutscher Anwalt, Wolfgang Kaleck, zeigte sich enttäuscht: "Ich glaube nicht, dass die Bundesanwaltschaft schon alle Anstrengungen unternommen hat." Allerdings wäre die deutsche Behörde wohl irgendwann nicht mehr weitergekommen, sagte Kaleck. Die Abhöraffäre hat die deutsch-amerikanischen Beziehungen nachhaltig belastet.

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Quelle:
SZ vom 13.06.2015
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