Handelsstreit:Trump nimmt Indien und die Türkei ins Visier

Der US-Präsident will beiden Ländern Zollvorteile streichen - und damit Delhi wie Ankara offenbar unter Druck setzen.

Von Claus Hulverscheidt, New York

US-Präsident Donald Trump setzt seinen aggressiven Kurs in der Handelspolitik fort und nimmt nach China und Europa nun auch Indien und die Türkei ins Visier. Trump informierte den Kongress am Dienstag darüber, dass er die Vergünstigungen streichen will, die Firmen beider Länder bisher bei Exporten in die USA genießen. Das Parlament hat nun 60 Tage Zeit, Stellung zu nehmen, danach kann der Präsident die Änderungen in Kraft setzen.

Die Vereinigten Staaten haben im Rahmen ihres sogenannten Allgemeinen Präferenzsystems (APS) weit mehr als 100 Länder von einigen Einfuhrzöllen befreit, um die wirtschaftliche Entwicklung in diesen Staaten zu fördern. Kritiker monieren allerdings schon lange, dass etwa Indien, Brasilien und die Türkei längst keine klassischen Entwicklungsländer mehr sind, für die das Programm in den Siebzigerjahren geschaffen worden war. Im Fall der Türkei schloss sich Trump dieser Sichtweise jetzt an. Bei Indien, dem bisher größten APS-Profiteur, ist der Schritt dagegen wohl vor allem eine Retourkutsche dafür, dass die Regierung in Delhi jüngst den Import amerikanischer Molkerei- und Medizinprodukte erschwert hatte. Trump verlangt zudem seit Langem, dass Indien seine Öleinfuhren aus Iran und Venezuela einschränkt und mehr politischen Druck auf China ausübt. Auch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan war er in der Vergangenheit mehrfach aneinandergeraten.

Trump kann die Entscheidung während der laufenden 60-Tage-Frist jederzeit wieder zurücknehmen. Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass er die beiden Regierungen mit seiner Ankündigung vor allem unter Druck setzen und ihnen Zugeständnisse abpressen will. Sowohl für Erdoğan als auch für Indiens Premierminister Narendra Modi kommt der Beschluss zur Unzeit. Die Türkei kämpft ohnehin mit massiven wirtschaftlichen Problemen, was bei den Kommunalwahlen Ende März zu einem ordentlichen Denkzettel für Erdoğan und dessen Regierungspartei AKP führen könnte. In Indien wird im Mai gar das Parlament neu gewählt. Modi steht zudem vor einem möglichen militärischen Konflikt mit dem Nachbarn und Rivalen Pakistan.

Offiziell reagierte die Regierung in Delhi betont gelassen auf Trumps Mitteilung. Eine Sprecherin des Handelsministeriums sagte mit Blick auf das APS-Programm: "Es ist für die am wenigsten entwickelten Länder gedacht, und Indien ist daraus aufgestiegen." Die Zolleinsparungen hätten sich ohnehin nur auf Warenlieferungen im Wert von gerade einmal 5,7 Milliarden Dollar im Jahr bezogen und lediglich 190 Millionen Dollar ausgemacht. Die Türkei, der bisher fünftgrößte APS-Nutznießer, klagte dagegen, Trumps Schritt stehe nicht im Einklang mit dem zwischen beiden Regierungen vereinbarten Ziel, das beiderseitige Handelsvolumen auf 75 Milliarden Dollar zu steigern. Handelsministerin Ruhsar Pekcan schrieb im Kurzmitteilungsdienst Twitter, ihr Land halte an der Zielmarke fest. Die Leidtragenden des Trump'schen Beschlusses seien im Übrigen vor allem kleine und mittlere Firmen in den USA.

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