Süddeutsche Zeitung

Handelsstreit:Trump droht Europas Autoindustrie

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Der US-Präsident erwägt nun auch Importzölle für Fahrzeughersteller.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Trotz weltweit heftiger Kritik treibt US-Präsident Donald Trump den globalen Handelsstreit weiter auf die Spitze. Nach der Ankündigung, Zölle auf Stahl- und Aluminium-Einfuhren zu erheben, nahm er am Wochenende die europäische Autoindustrie ins Visier. Sollte die EU ihre "bereits massiven Zölle" für US-Firmen weiter erhöhen, dann "werden wir einfach eine Abgabe auf ihre Autos erheben, die frei in unser Land strömen", schrieb Trump im Kurzmitteilungsdienst Twitter. Er reagierte damit auf Aussagen von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der am Freitag gedroht hatte, die EU werde sich die Stahlzölle nicht gefallen lassen und ihrerseits Abgaben auf den Import amerikanischer Produkte wie Motorräder, Whiskey und Jeans einführen.

Eskaliert der Streit weiter, droht ein Handelskrieg, der die Weltwirtschaft in eine Rezession stürzen könnte. Das gilt umso mehr, als nun auch Massenprodukte wie Autos und Kleidung ins Spiel gebracht werden. Europäer und Amerikaner hatten sich im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) bisher darauf verständigt, dass die EU einen Einfuhrzoll von zehn Prozent auf Autos aus den USA erheben darf. Die Vereinigten Staaten verlangen umgekehrt nur 2,5 Prozent auf Pkw, aber 25 Prozent auf Vans sowie die bei Amerikanern so beliebten schweren Geländewagen. Trump hält diese Absprache jedoch für "dumm".

Von einer drastischen Erhöhung des US-Autozolls wären vor allem deutsche Hersteller betroffen. Sie setzten im vergangenen Jahr fast 1,4 Millionen Pkw in den USA ab. Allerdings wurde davon mehr als ein Viertel auch in amerikanischen Werken gebaut. Hunderttausende dort gefertigte Pkw gingen zudem ins Ausland - BMW etwa ist der größte Autoexporteur der USA. US-Firmen verkaufen in der EU deutlich weniger Wagen, weil viele Modelle für den Geschmack der Europäer zu groß sind.

Offen blieb, ob Trumps Drohungen nur so dahergesagt waren oder ernst gemeint sind. Klar ist nur, dass er - anders als im Fall Stahl - die Einführung von Autozöllen nicht mit Gefahren für die nationale Sicherheit begründen und deshalb auch nicht im Alleingang beschließen könnte. Er müsste vielmehr den komplizierten Weg über die WTO gehen oder gar aus dieser austreten.

Die EU will an diesem Montag über mögliche nächste Schritte beraten. Dazu zählen Schutzmaßnahmen für die europäische Industrie, ein Streitschlichtungsverfahren bei der WTO und die Frage von Vergeltungszöllen. "Das ist alles nicht vernünftig, aber Vernunft ist ja ein Gefühl, das sehr unterschiedlich verteilt ist in dieser Welt", sagte Juncker. Auch China kündigte an, nicht "tatenlos zuzusehen, wenn die USA chinesischen Interessen schaden".

In den USA selbst ist Trumps Kurs keineswegs unumstritten. Schon mit seiner Ankündigung von Stahlzöllen hatte er prominente republikanische Kongressmitglieder gegen sich aufgebracht. Bei Autozöllen müsste er zudem mit massivem Widerstand aus Bundesstaaten wie South Carolina, Tennessee und Alabama rechnen, wo deutsche Firmen zu den wichtigsten Arbeitgebern zählen.

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Quelle:
SZ vom 05.03.2018
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