Handelsstreit:Als Trump mit seinem liebsten Feindbild protzte

Donald Trump im Mercedes

Schick fanden sie's schon und schön als Statussymbol: Donald und Melania Trump 2007 bei einem Polo-Turnier in Water Mill bei New York in einem europäischen Auto.

(Foto: Tana Lee Alves/Getty Images WireImage)
  • Trotz der Einigung mit Juncker: Autos aus Europa gehören fest in Donald Trumps Katalog der Kritikpunkte, aus dem er sich im Streit um Strafzölle bedient.
  • Dabei fuhr der US-Präsident selber gerne mit solchen teuren Wagen - solange er sie für nützliche Statussymbole hielt.
  • Ein Blick auf bemerkenswerte Dokumente der Trumpschen Auto-Schizophrenie.

Von Stefan Kornelius

Kurz nachdem Donald Trump zum 45. Präsidenten der USA eingeschworen war, traf er Reporter der Nachrichtenagentur Reuters und beklagte einen großen Missstand in seinem neuen Leben: "Ich fahre gerne Auto, aber ich darf nicht mehr fahren."

In der Tat hat Donald Trump ein vielfältiges Zeugnis seiner Autoliebe abgelegt. Fahrzeuge dienten ihm stets zur Darstellung seines Reichtums und seiner Bedeutung. Prunk, Protz, Status - der Bau- und Immobilienunternehmer nutzte über Jahrzehnte hinweg die Boulevard-Presse, um seine Leidenschaft für schnelle und teure Karossen vorzuführen. Limousinen, Flugzeuge und Frauen - the Donald bediente alles Klischees, um seine Vorstellung von Bedeutung und Status unters Volk zu bringen.

Umso erstaunlicher die Vendetta, die er als Präsident gegen die Automobilindustrie in Deutschland fährt, vor allem gegen Mercedes und BMW. Als EU-Kommissar Jean-Claude Juncker am Mittwoch im Weißen Haus vorsprach, kämpfte er auch mit Trumps Vorurteil gegen Mercedes und BMW. Eine weitere Eskalation des Handelsstreits konnten Trump und Juncker in letzter Minute abwenden. Mögliche hohe US-Zölle auf Autos sind nach Auffassung der EU vorerst vom Tisch. Bei Industriegütern sollen schrittweise sämtliche Handelsbarrieren abgebaut und Zölle schließlich komplett abzuschafft werden. Außer bei Autos.

Wie immer handelte es sich nicht um Donald Trump, wenn sein politischer Kampf gegen die Deutschen Autobauer in den vergangenen Wochen nicht im krassen Gegensatz stünde zum eigenen Verhalten. Bei klarem Verstand kann der Präsident nämlich nicht leugnen, dass er selbst zu den größten Fans teurer deutscher Marken-Automobile gehört.

Der Fahrzeugpark Trumps und seiner Familie ist ordentlich dokumentiert. Keine Neuanschaffung sollte vor der Presse verborgen bleiben. Dazu gehörte natürlich ein Cadillac Baujahr 1988, die sogenannte Trump Golden Series Limousine, die eigens für ihn angefertigt und später in Serie produziert werden sollte. Hat aber nie geklappt. Dann ein Rolls Royce Silver Cloud, Baujahr 56, ein Ferrari Coupé, Baujahr 2007, ein Rolls-Royce Phantom (2015), ein 1997er Lamborgini Diabolo.

Und schließlich die Mercedes-Modelle: 1987 kaufte Trump einen 560SL, einen sogenannten Dallas Mercedes, rot, und offenbar besonders gerne gefahren von seiner damaligen Frau Ivana, deren Name auch ins Nummernschild geprägt war. Auch Töchterchen Ivanka sollte später die Leidenschaft für den Stern dokumentieren - gerne mit wehendem Haar im Cabriolet 220 SE, einem Klassiker aus den frühen 60er Jahren.

Eine besonders teure Erwerbung leistete sich Trump 2004: einen Mercedes SLR McLaren. Der 617 PS starke Rennwagen mit Flügeltüren wurde bei der Auslieferung direkt am Eingangsportal des Trump-Towers in New York fotografiert, also auf der Fifth Avenue, die Trump im Präsidentschaftswahlkampf als Referenzstraße für die hohe Fahrzeugdichte aus deutscher Produktion ausmachte ("wenn Sie die Fifth Avenue hinunterlaufen, dann hat jeder vor seiner Eingangstür einen Mercedes geparkt"). Dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron soll er gesagt haben, er werde seinen Handelskrieg gegen Europa so lange fortsetzen, bis kein Mercedes mehr auf der Fifth Avenue zu sehen sein werde.

Die ganze Familie schätzte die Marke mit dem Stern

Ein hehres Ziel, zumal Trump ja mit gutem Beispiel vorangegangen war. Das wohl bemerkenswerteste Dokument der Trumpschen Auto-Schizophrenie stammt aus der Kamera der Fotokünstlerin Annie Leibovitz. Möglicherweise handelt es sich um das Bild, in dem Persönlichkeit und Störung von Trump am besten eingefangen wurde. Wiedergeben darf man die Fotografie nicht. Leibovitz, eine glühende Anhängerin Hillary Clintons, verweigert den Nachdruck. Erschienen ist das Bild im Jahr 2006 in der Zeitschrift Vogue und im vergangenen November in einem opulenten Bildband der Künstlerin, der in limitierter Auflage angeboten wird (uk.phaidon.com). Im Netz kursieren illegale Kopien der Fotografie, Melania Trump postete eine auf Twitter.

Zu sehen ist Donald Trump in seinem Mercedes SLR McLaren, der mit offener Flügeltür seitlich an einem Flugzeug des Milliardärs parkt. Der großgewachsene Trump passt nicht so recht zu den Proportionen des Autos. Aus der geöffneten Heckklappe des von innen beleuchteten Flugzeugs steigt Melania Trump herab, High Heels, goldfarbener Bikini, ein schillerndes Cape um die Oberarme, ansonsten: nichts. Melania ist nackt, offenbar mit Bronzefarbe bemalt, und sie zeigt ihren Schwangerschaftsbauch vor. Das Bild entstand im Frühjahr 2006, wenige Wochen vor der Geburt des gemeinsamen Sohns Barron.

Die New York Times schrieb 2006 in einer Ausstellungs-Besprechung, das Bild zeige Trump als einen Mann, der alles habe. "Der stolze Besitzer eines extravaganten Autos, eines Privat-Jets und einer jungen Frau, die noch dazu mit einem Kind schwanger ist. Bekleidet mit nichts als einem goldenen Bikini steht Melania Trump auf der Treppe, die in den Bauch des Jets führt, der das Bild wie ein gigantisches Mann-Frau-Fruchtbarkeits-Symbol dominiert." C.G. Jung hätte es nicht treffender beschreiben können.

Die Fotografin ließ später wissen: "Ich habe das nicht erfunden. Ich habe die beiden auf dem Rollfeld getroffen, das Flugzeug war da, dann habe ich die Linien der Treppe erkannt und Melania hineingestellt, und der Rest ist, was es ist. Sie haben es geliebt. Es war nicht so, dass da irgendetwas falsch gewesen wäre." Im Bericht der Vogue zu dem Bild heißt es, Trump sei vor allem über die Windmaschine erfreut gewesen - sie beweise, dass er kein Toupet trage. Ein Bild als atemberaubendes Dokument einer komplexen Persönlichkeit. Jeder andere Präsidentschaftskandidat wäre an solch einer Aufnahme gescheitert.

Was all dies mit Mercedes und dem Handelsstreit zu tun hat? Nichts, und doch alles. Donald Trump und Jean-Claude Juncker mögen überraschende Vereinbarungen getroffen haben. Juncker mag beeindruckende Statistiken vorgeführt haben: 804 000 deutsche Markenautomobile produziert in den USA, davon 70 Prozent für den Exportmarkt; Hunderttausende Arbeitsplätze in den USA durch deutsche Hersteller und die Zulieferindustrie; 7,4 Milliarden Euro Exportwert aus den USA in die EU.

Für Trump aber geht es um das Symbol. Was einst dem Protz diente, ist jetzt und immer noch Teil eines Feindbildes. Mercedes als finstere Konkurrenz von jenseits der Landesgrenzen. So einfach kann das plötzlich sein.

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