Handball-WM:Plötzlich ein Quoten-Hit

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Gut gemacht, Junge: Bundestrainer Alfred Gislason gibt seinem Spielmacher Juri Knorr einen anerkennenden Klapps. (Foto: Marco Wolf/Wolf-Sportfoto/Imago)

Bei der Weltmeisterschaft kann sich Handball über hohe Zuschauerzahlen freuen. Warum ist diese Sportart auf einmal so populär, während andere ihre Erfolge fast im Verborgenen feiern müssen?

Von Ralf Tögel

In Polen, das lässt sich bereits festhalten, da die Handball-Weltmeisterschaft langsam auf die K.-o.-Spiele zusteuert, ist die Handball-Euphorie spürbar gesunken. Die polnische Nationalmannschaft hat sich mit einem Sieg gegen Saudi-Arabien in die Hauptrunde gewürgt und dort sogleich gegen Spanien verloren. Keine Aussicht auf ein Weiterkommen beim Turnier, das im eigenen Land und in Schweden stattfindet - das war nicht gut für die Stimmung.

Ganz anders stellt sich die Situation in Deutschland dar, da wächst die Begeisterung von Sieg zu Sieg. Es ist auch eine tolle Mannschaft, die Hoffnung darauf macht, dass die Handball-Nation Deutschland nach Jahren des Darbens in den Kreis der Elite zurückkehrt. Aus selbigem ist der wichtigste Repräsentant des weltweit größten Handball-Verbands, der sich gerne der besten Liga der Welt rühmt, nach EM-Titel und Olympia-Bronze im Jahr 2016 sukzessive herausgestolpert.

Die aktuelle Auswahl indes macht wieder richtig Spaß. Und sie kommt gut an, was natürlich auch an den TV-Übertragungen liegt. Die Öffentlich-Rechtlichen sind von Anfang an dabei, kaum eine Nachrichtensendung, in der die WM keine Erwähnung findet, kein Morgen-, Mittags- oder Nachmittagsmagazin, in dem kein Handballer in die Kamera lächelt. Und die Quoten stimmen, neben der Mannschaft aus Katar wurde im Auftaktspiel mit 4,85 Millionen Fernsehzuschauern auch der RTL-Trash aus dem Dschungelcamp (4,26) locker weggefegt.

Die deutschen Spieler sprechen von einer Welle, auf der sie surfen. Und die Nation reitet gerne mit, solange die Ergebnisse stimmen. Das nämlich ist die Grundvoraussetzung, damit eine Sportart medial funktioniert. Nur der Fußball hat das Alleinstellungsmerkmal, dass er auch bei grottigen Vorstellungen ein unerschütterliches Interesse erfährt.

Man muss ehrlicherweise anmerken, dass die Handballer einen guten Zeitpunkt erwischt haben. Wenn die großen Turniere veranstaltet werden, ist tiefster Winter. Die Menschen sitzen gern im Warmen vor dem Fernseher, der Fußball pausiert, außer Wintersport ist nicht viel geboten. Da finden sogar ein paar leicht untersetzte, nun ja, Athleten mit Spickern inmitten einer Art Faschingsgesellschaft den Weg auf den Bildschirm.

Volle Hallen, tolle Mannschaft und der größte Erfolg seit 2005: Trotz der Bronzemedaille bei der Heim-EM haben es die deutschen Basketballer nicht ins öffentlich-rechtliche Fernsehen geschafft. (Foto: Soeren Stache/dpa)

Am Freitag sind die Kicker zwar aus ihrem Winterschlaf erwacht, Handball wird trotzdem interessant bleiben: Solange die Ergebnisse stimmen und die Öffentlich-Rechtlichen senden.

Deren Aufmerksamkeit ist nicht selbstverständlich: Die Basketballer hatten kürzlich eine Europameisterschaft im eigenen Land. Die tolle Mannschaft mit zahlreichen NBA-Spielern hat richtig Spaß gemacht und es mit dem Gewinn von Bronze bravourös geschafft, den deutschen Basketball wiederzubeleben. Außer im Spartensender Magenta Sport war das aber nirgends zu sehen, erst ab dem Viertelfinale stieg RTL ein. Nur war die Basketball-EM im September, da sind die Leute gerne draußen, da locken andere Freizeitaktivitäten, da läuft die Fußball-Bundesliga. Trotzdem wäre spannend zu sehen, ob es anders geht, wenn ARD und ZDF einsteigen. Die Chance böte sich schon im kommenden September: Dann ist Basketball-Weltmeisterschaft.

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