Gewalttat in Hanau:Was wir wissen - was wir nicht wissen

Gewalttat in Hanau: Ermittlungen in Hanau nach der Gewalttat.

Ermittlungen in Hanau nach der Gewalttat.

(Foto: AP)

Elf Tote in einer hessischen Stadt, der Generalbundesanwalt ermittelt: Alles Wichtige zur Gewalttat in Hanau im Überblick.

Was ist passiert?

Bei einer Gewalttat im hessischen Hanau sind in der Nacht insgesamt elf Menschen ums Leben gekommen. Bei aufeinanderfolgenden Angriffen auf drei Lokale an zwei Standorten wurden nach Informationen der Polizei neun Menschen erschossen. Mindestens vier Menschen wurden verletzt. Die ersten Schüsse fielen demnach am Mittwochabend gegen 22 Uhr. Stunden nach dem Verbrechen entdeckte die Polizei die Leiche des mutmaßlichen Todesschützen am frühen Donnerstagmorgen in seiner Wohnung. Die Informationen deuten auf einen Suizid hin. Hinweise auf weitere Täter gibt es der Polizei zufolge bislang nicht. In der Wohnung wurde zudem auch die Leiche der 72 Jahre alten Mutter des Tatverdächtigen gefunden.

Wo liegen die Tatorte?

Zunächst schoss der Täter in einer Shisha-Bar am Rande der Hanauer Innenstadt, dann in einer wenige Meter weiter liegenden Café-Bar. Danach fuhr der Täter zum Kurt-Schumacher-Platz im Stadtteil Kesselstadt. Dort eröffnete er in einer weiteren Bar erneut das Feuer. Der zweite Tatort ist vom ersten mit dem Auto nur etwa fünf Minuten entfernt, er liegt in einem Wohnviertel. Auch die Wohnung des mutmaßlichen Täters liegt in Kesselstadt. Ein mutmaßlicher weiterer Tatort im Stadtteil Lamboy bestätigte sich nicht. Die Polizei war aber auch dort mit einem Großaufgebot vor Ort.

Wer sind die Opfer?

Unter den Todesopfern sind "neun Personen mit Migrationshintergrund", wie Generalbundesanwalt Peter Frank am Nachmittag mitteilt. Sechs weitere Menschen seien verletzt worden, einer davon schwer. Der Kurdischen Gemeinde Deutschland zufolge sind einige der Getöteten kurdischer Abstammung. Die türkische Nachrichtenagentur Anadolu meldete unter Berufung auf den türkischen Botschafter in Berlin, dass fünf der Todesopfer türkische Staatsbürger gewesen seien.

Wer ist der mutmaßliche Täter?

Bei dem Tatverdächtigen handelt es sich um Tobias R., einen 43 Jahre alten Mann mit deutscher Staatsangehörigkeit aus Hanau, wie der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) am Vormittag im Landtag in Wiesbaden sagte. Er war demnach legal im Besitz einer Waffe und Sportschütze. Beuth zufolge war Tobias R. zuvor nicht polizeilich in Erscheinung getreten.

Der mutmaßliche Täter wohnte offenbar im Stadtteil Kesselstadt, in dem auch der zweite Tatort liegt. Seine Leiche wurde in dem Reihenhaus aufgefunden, in dem er wohnte. Die Polizei durchsuchte vor dem Haus ein Auto, möglicherweise das Fluchtfahrzeug des Täters. Darin sollen Waffen und Munition gefunden worden sein.

Warum hat der Generalbundesanwalt die Ermittlungen an sich gezogen?

Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe hat die Ermittlungen im Fall Hanau übernommen. Die Entscheidung fiel bereits in den frühen Morgenstunden. Der Tatverdächtige habe online Videobotschaften und eine "Art Manifest" veröffentlicht, teilte Generalbundesanwalt Peter Frank am Nachmittag mit. Diese enhielten "neben wirren Gedanken und abstrusen Verschwörungstheorien ... eine zutiefst rassistische Gesinnung". Es ermittle das Bundeskriminalamt und das hessische Landeskriminalamt. Ziel sei herauszufinden, ob es "Unterstützer gab oder gibt".

Was ist das Motiv des Gewaltverbrechens?

"Nach unseren jetzigen Erkenntnissen ist ein fremdenfeindliches Motiv durchaus gegeben", bestätigte bereits am Vormittag Hessens Innenminister Beuth. Darauf deute etwa die Homepage des mutmaßlichen Täters hin. Auf dieser Website hatte Tobias R. Dokumente mit rassistischen, aber auch frauenfeindlichen Inhalten veröffentlicht. Beuth sprach vom "Verdacht einer terroristischen Gewalttat". Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nannte am Mittag in einem kurzen Statement "Hass gegen Menschen mit anderer Herkunft, anderem Glauben oder anderem Aussehen" als Motiv. Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer betont, dass der Täter aus rassistischer Motivation handle.

Die Ermittler fanden in der Wohnung zudem ein Video. Die Aufnahme, welche der Mann wenige Tage vor der Tat veröffentlichte, enthält wirre Verschwörungstheorien auf englisch - eine "persönliche Botschaft an alle Amerikaner", aufgenommen in einer Privatwohnung. Darin sagt der Mann, in den USA existierten unterirdische Militäreinrichtungen, in denen Kinder misshandelt und getötet würden. Dort würde auch dem Teufel gehuldigt. Amerikanische Staatsbürger sollten aufwachen und gegen diese Zustände "jetzt kämpfen". Ein Hinweis auf eine bevorstehende eigene Gewalttat in Deutschland ist in dem Video nicht enthalten.

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