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Hamburger Justizsenatorin Jana Schiedek:Mutter der Frauenquote

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Weiblich, erfolgreich, jung: Die Hamburger Justizsenatorin Jana Schiedek zieht aus ihrer steilen Karriere andere Schlüsse als Familienministerin Kristina Schröder: "Nur weil ich selbst noch nicht an diese gläserne Decke gestoßen bin, würde ich nicht auf die Idee kommen, dass es sie nicht gibt", sagt sie - und führte die Diskussion über die Frauenquote ein. Was ihr nicht nur Freunde schafft.

Charlotte Frank

In Rot und Orange zogen sich die Schlieren über ihre Hausfassade, über die Klingel und die zerschlagene Glastür und das Graffito "Fuck HSV". Kaum war Jana Schiedek aus der eher unauffällig arbeitenden Riege der Hamburger SPD-Senatoren herausgetreten, kaum wurde auch überregional über sie geschrieben, da brachten Unbekannte sie mit einer ärgerlichen Schlagzeile neu ins Gespräch: "Farbanschlag auf Wohnhaus von Jana Schiedek" titelten die Lokalzeitungen am Montag. Gegen ein Uhr nachts hatten, so vermutet die Polizei, politisch motivierte Täter ihr Haus auf St. Pauli beworfen. Der Staatsschutz ermittelt. Jana Schiedek reagierte unaufgeregt, sie will zu der Angelegenheit nichts sagen. Sie hat Wichtigeres zu tun.

Nicht einmal eine Woche ist es her, dass der Bundesrat mit den Stimmen CDU-geführter Länder für einen Gesetzentwurf aus der SPD zur Einführung einer Frauenquote stimmte - es war ein Entwurf aus dem Hause der Hamburger Justizsenatorin.

Die Juristin Schiedek, 38, ist nur drei Jahre älter als Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU), und wie diese hat sie eine steile Karriere in der Politik hingelegt: 2008 wurde sie in die Bürgerschaft gewählt, drei Jahre später machte Bürgermeister Olaf Scholz sie gleich zur Senatorin. Schiedek leitet aus ihrem beruflichen Erfolg aber offenbar andere Schlüsse ab als Schröder: "Nur weil ich selbst noch nicht an diese gläserne Decke gestoßen bin, würde ich nicht auf die Idee kommen, dass es sie nicht gibt", sagt sie.

Schiedeks Entwurf sieht eine feste Quote für Frauen in Aufsichtsräten von Dax-Unternehmen vor: Von 2018 an soll ihr Anteil mindestens 20 Prozent betragen, 2023 dann 40 Prozent. Firmen, die das nicht einhalten, müssen damit rechnen, dass ihre Namen veröffentlicht werden und dass sie ihre Aufsichtsratsvergütungen nicht mehr steuerlich absetzen können. Darüber muss nun der Bundestag entscheiden - eine Mehrheit dort gilt als unwahrscheinlich.

Schiedek bleibt optimistisch

Vor allem die Union streitet derzeit erbittert um die Quote: Die CSU verstärkt, nachdem mehrere Abgeordnete aus der Partei Sympathie für das Anliegen des Bundesrats hatten erkennen lassen, den Druck auf die Befürworterinnen. Parteichef Horst Seehofer mahnte am Montag zu geschlossenem Auftreten: "Eine Koalition handelt gemeinsam, mit Ausnahme von Gewissensfragen. Und ich kann nicht erkennen, dass dies eine ist."

Auch Unions-Fraktionschef Volker Kauder kritisierte in einer internen Sitzung am Montag offenbar das Verhalten der Ministerpräsidenten im Bundesrat. Nach Angaben von Teilnehmern forderte er im CDU-Bundesvorstand Geschlossenheit, berichtete die Agentur Reuters. Auch die Chefin der CSU-Landesgruppe in Berlin, Gerda Hasselfeldt, kritisierte: Sie bedauere sehr, "dass so manche Frau in der Union sich vor den Karren von Rot-Grün spannen hat lassen". Die FDP ist in ihrer Ablehnung einer verbindlichen Quotenregelung wesentlich geschlossener.

Jana Schiedek ist trotzdem optimistisch. Lieber als von der "Frauenquote" spricht sie von einer "Geschlechterquote" - aus einem einfachen Grund: "Falls irgendwann mal das Geschlechterverhältnis in den Aufsichtsräten kippt, soll die Quote natürlich auch für Männer gelten", sagt sie.

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SZ vom 25.09.2012
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