Hamburg:Senator Frigge schmeißt hin

Spektakulärer Abgang nach nur einem halben Jahr im Amt: Hamburgs Finanzsenator Frigge stellt den neuen Haushalt vor, dann kündigt er "einige persönliche Worte" an - und gibt seinen Rücktritt bekannt. Für Hamburgs CDU ist es ein Fiasko.

Jens Schneider

Immerhin einen spektakulären Abgang hat Carsten Frigge sich verschafft. Das wird dem Christdemokraten einen herausragenden Platz in jeder Geschichte des Hamburgischen Senats sichern, nach nur acht Monaten im Amt. An diesem Mittwochabend holte Frigge im Rathaus weit aus, um vor der Bürgerschaft seinen ersten Haushalt vorzustellen, der auch sein letzter sein sollte. Nichts deutete freilich auf diese Pointe hin.

Hamburger Finanzsenator Frigge tritt zurueck

Nach monatelangen Vorwürfen zog er die Konsequenzen: Hamburgs Finanzsenator Carsten Frigge.  

(Foto: dapd)

Der Finanzsenator skizzierte ausgiebig Grundlinien. Er sprach ständig vom ,"Wir" und meinte den Senat. Als sollte er noch Jahre dazu gehören. Stolz zählte er Erfolge auf, und dass der Hafen wieder brummt. Zum Schluss lobte er sich für eine gelungene haushaltspolitische Wende. Dann legte er sein Manuskript zusammen, machte eine Pause und kündigte einige persönliche Worte an. Es waren wenige. Sie endeten mit einer Frage, die er selbst beantwortete - ob nämlich die Situation mit seinem Senatoren-Amt vereinbar ist: "Ich glaube: Nein! Herzlichen Dank", sagte er, und ging ab.

Dann setzte er sich wieder auf die Senatoren-Bank, als ob nichts passiert wäre, und in die ratlose Stille hinein ergriff Bürgermeister Christoph Ahlhaus das Wort: Frigge habe am Nachmittag den Rücktritt angeboten, er habe angenommen.

Einige Stunden später meldete sich Ahlhaus nach einer CDU-Fraktionssitzung erneut zu Wort und teilte mit, dass Frigge durch den CDU-Bundestagsabgeordneten Rüdiger Kruse ersetzt werde. Der 49-Jährige Kruse war mehrere Jahre lang Bürgerschaftsabgeordneter und gilt als Finanz- und Umweltexperte.

Für Hamburgs schwarz-grünen Senat, vor allem die CDU und ihren jungen Bürgermeister Christoph Ahlhaus, ist Frigges Rücktritt ein Fiasko in schwierigen Zeiten. Frigge geht, weil seit Monaten verschiedene Vorwürfe gegen ihn persönlich öffentlich erhoben werden. In einer Art, die er als "boshaft und auch verletzend" empfand; Vorwürfe, die das Amt sehr belasten.

Es geht um eine mögliche Verwicklung in dubiose Vorgänge bei der HSH-Nordbank, und um seit Monaten bekannte massive Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Finanzskandal der CDU Rheinland-Pfalz. Diese Vorwürfe waren bekannt, als er das Amt im Frühjahr vom gescheiterten Vorgänger Michael Freytag übernahm. In Mainz soll Frigge, das wurde jetzt bekannt, demnächst aussagen. Seit langem ermittelt die Staatsanwaltschaft. Er geht also nicht, weil es der schwarz-grünen Koalition schlechtgeht. Aber es geht ihr schlecht, nicht erst seit diesem Rücktritt.

Ahlhaus hat erst Ende August von Ole von Beust das Amt des Bürgermeisters übernommen - und das kurz nach der gescheiterten Schulreform. Zögerlich akzeptierten ihn die Grünen. Im Herbst brachte der Senat vor allem wegen dilettantisch geplanter Kürzungen im Kultur-Haushalt die Stadt gegen Schwarz-Grün auf. Der Senat drehte im letzten Moment bei.

Zunehmend gab es Reibungen, bis es vor zwei Wochen zum Knall kam, nahe am Koalitionsbruch. GAL-Fraktionschef Jens Kerstan war mit der Forderung nach dem inzwischen beschlossenen Rauswurf des HSH-Nordbank-Chefs Dirk Jens Nonnenmacher vorgeprescht und hatte Ahlhaus unter Druck gesetzt. Der fühlte sich vorgeführt. Nun muss Ahlhaus erklären, warum er Frigge trotz der Vorwürfe im Senat behielt. Und er muss eine Koalition am Leben halten, die sich zunehmend entfremdet hat.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: