Hamburg nach der Bürgerschaftswahl:Zu viel Verkehr, zu wenige Wohnungen, vielleicht Olympia

Bürgerschaftswahl

Die grüne Spitzenkandidatin Katharina Fegebank mit Olaf Scholz (SPD).

(Foto: dpa)

Die SPD in Hamburg will zuerst mit den Grünen über eine Koalition verhandeln. Diese Themen müssen sie angehen:

  • Bewirbt sich Hamburg um Olympische Spiele?
  • Was passiert mit den Flüchtlingen?
  • Busbeschleunigung oder Stadtbahn?
  • Hamburg braucht günstigen Wohnraum
  • Streit um Zustände in Hamburger Kitas
  • Wie geht es weiter mit Elbvertiefung und Hafen?

Von Hannah Beitzer, Hamburg

Scholz will Olympia

Eine Stadt, 26 Sportarten, 35 Disziplinen, 200 Nationen, 14 000 Sportler, 24 000 Journalisten: So wirbt der Senat derzeit für Olympische Spiele in Hamburg. Olaf Scholz will die Spiele, so viel ist klar. Die Grünen, sein möglicher Koalitionspartner, sind da skeptischer, wenn auch nicht dagegen. Beide Parteien wollen ein Referendum, die Grünen warnen jedoch vor einer Kostenexplosion und verlangen konkrete Zahlen zur Bewerbung. Sie mahnen außerdem eine ökologisch schonende Umsetzung und Nachhaltigkeit der Pläne an.

Hamburg hat allerdings ohnehin Konkurrenz, die nicht ganz einfach zu schlagen ist. Berlin will sich ebenfalls um die Olympischen Spiele bewerben und ist als Europas Partyhauptstadt im internationalen Vergleich auf jeden Fall cooler als das gediegene Hamburg. Auch der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) tendiert zu Berlin als Austragungsort. Allerdings machen bisher die Berliner nicht mit, in einer Umfrage sprachen sich nur 48 Prozent der Bevölkerung für Olympische Spiele in der deutschen Hauptstadt aus. Das ist Verbänden und Politikern nach der gescheiterten Münchner Olympiabewerbung zu riskant. In Hamburg waren in einer Befragung des NDR zuletzt 63 Prozent für eine Olympiabewerbung. Ende Februar soll es abermals eine Umfrage in Berlin und Hamburg geben, im März will der DOSB sich dann für eine Stadt entscheiden.

Wohin mit den Flüchtlingen?

Nach Hamburg kommen derzeit so viele Flüchtlinge wie seit dem Bosnien-Krieg nicht mehr. Bereits im vergangenen Jahr errichtete die Stadt zahlreiche neue Unterkünfte, brachte sogar eine Gesetzesänderung im Bundestag ein, die den Bau von Flüchtlingsheimen zum Beispiel in Gewerbegebieten erleichtern soll. Doch nicht alle Hamburger machen da mit. Zuletzt erreichten Anwohner der Sophienterrasse im noblen Stadtteil Harvestehude einen Baustopp. Dort sollte ein Flüchtlingsheim im ehemaligen Kreiswehrersatzamt entstehen, doch die potenziellen Nachbarn klagten gegen die Unterkunft. Das zuständige Bezirksamt zieht nun vor das Oberverwaltungsgericht.

Ein weiteres Problem: Immer häufiger kommen unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach Hamburg. Viele von ihnen sind schwer traumatisiert, einige kriminell. In der Nähe der Heime für die Jugendlichen klagen Anwohner über Einbrüche und Überfälle, auch der Senat gibt zu, dass der Umgang mit den MUFs, wie die Flüchtlinge im Behördendeutsch genannt werden, schwierig ist. Die SPD will die Minderjährigen auch in anderen Bundesländern unterbringen und hat schon eine entsprechende Initiative in den Bundesrat eingebracht. Die Grünen fordern stattdessen eine bessere Betreuung der Kinder und Jugendlichen in Hamburg.

Es muss was passieren auf Hamburgs Straßen

Es muss etwas passieren auf Hamburgs Straßen. Da sind sich alle Parteien einig, denn die Stadt hat ein Verkehrsproblem. Zu viele Menschen, zu viele Autos, zu wenig Platz in Bussen und Bahnen. Die SPD hat deswegen schon in der vergangenen Legislaturperiode ein umstrittenes Busbeschleunigungsprogramm auf den Weg gebracht, das die Busse effizienter durch die Stadt leiten und damit eine höhere Auslastung ermöglichen soll.

Die Grünen sind allerdings dagegen, sie wollen lieber eine Stadtbahn bauen. Ein Projekt, das sie schon mit dem ehemaligen Koalitionspartner CDU vergeblich versuchten umzusetzen. Das wiederum gefällt der SPD nicht, die langfristig eine neue U-Bahn-Linie plant und einige S-Bahn-Linien verlängern will. Und zwischendrin protestieren auch noch empörte Bürger gegen Baustellen und Parkplatznot, für die sie die Busbeschleunigung verantwortlich machen. Der Bau einer Stadtbahn würde zumindestens dieses Problem nicht lösen, denn Baustellen gäbe es dann in Massen. Die CDU hat vor der Wahl einen Verkehrsfrieden für Hamburg vorgeschlagen. Vielleicht keine schlechte Idee. Denn sonst passiert am Ende nichts.

Wohnen in Hamburg ist zu teuer

Aber nicht nur herumfahren und -laufen wollen die Hamburger, sondern auch irgendwo wohnen. Die Stadt ist relativ zugebaut, der Wohnraum knapp, Wohnungen zu mieten oder gar zu kaufen, teuer. Seit Jahren steigen die Preise, die SPD hat deswegen schon 2011 versprochen, jedes Jahr 6000 Wohnungen bauen zu lassen. Ein Tropfen auf den heißen Stein, mokieren ihre Kritiker, die sich vor allem mehr Sozialwohnungen wünschen. Dazu gehören auch die Grünen, die im Wahlkampf vorgeschlagen haben, eine Stiftung für gemeinwohlorientierten Wohnungsbau einzurichten.

Kinderbetreuung in der Kritik

Die SPD hat in der vergangenen Legislaturperiode die Kita-Gebühren für Halbtagesplätze abgeschafft. Das brachte ihr nicht nur Lob ein. Eltern und Erzieher beklagen die Zustände in den Kindertagesstätten, der Betreuungsschlüssel ist der schlechteste in ganz Westdeutschland. Zwar hat Olaf Scholz kurz vor der Wahl ein Papier mit den Trägern ausgehandelt, das Verbesserungen vorsieht. Doch die greifen stufenweise, also teilweise erst in ein paar Jahren und mehr Personal soll es erst einmal nicht geben. Die Grünen hingegen wollen in den nächsten Jahren 700 neue Stellen schaffen - ohne jedoch die Kita-Gebühren wieder einzuführen.

Was geschieht mit dem Hamburger Hafen?

Die Elbvertiefung, wie sie der SPD-Senat vorhatte, wurde 2012 vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gestoppt. Es hatten mehrere Umweltverbände gegen das Vorhaben geklagt. Das war ein Rückschlag für den wirtschaftsnahen Olaf Scholz. Er will die Ausbaggerung weiterhin, die Grünen sehen sie skeptisch. Klar, es geht immerhin um ihr Kernthema Umweltschutz.

Das Bundesverwaltungsgericht will nun ohnehin erst einmal eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu einem ähnlichen Fall abwarten, mit der im April oder Mai gerechnet wird, danach geht es dann weiter mit der Elbvertiefung. "Die Elbvertiefung liegt vor Gericht - da gibt es momentan politisch gar nichts zu entscheiden", sagte denn auch die grüne Spitzenkandidatin Katharina Fegebank auf die Frage nach möglichen Konflikten mit der SPD.

Klar ist aber: Die SPD ist eher für einen Ausbau des Hafens, die Grünen führen immer wieder ökologische Bedenken ins Feld. Diese Haltung wiederum gefällt der Wirtschaft nicht, die sich deswegen eine rot-gelbe Koalition anstelle von Rot-Grün wünscht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: