Hamburg:Messer-Attentäter von Hamburg hätte abgeschoben werden können

Hamburg Knife Attack Perpetrator Had Islamist Connection

In diesem Supermarkt erstach Ahmad A. einen Menschen und verletzte einige Weitere. 2015 war versäumt worden, ihn abzuschieben.

(Foto: Morris MacMatzen/Getty Images)
  • Der Messer-Attentäter von Hamburg sollte 2015 abgeschoben werden, da er bereits einen Asylantrag in Norwegen gestellt hatte. Das gelang nicht, da das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die Frist verpasste.
  • Zuerst hatte Spiegel Online über den Vorgang berichtet.
  • Ahmad A. hatte am vergangenen Freitag in einem Supermarkt in Hamburg-Barmbek mit einem Messer einen Menschen getötet und weitere verletzt.

Von Matthias Drobinski, Thomas Öchsner und Thomas Hahn, Hamburg/Berlin

Im Fall des Hamburger Messer-Attentäters Ahmad A. hat es eine folgenschwere Behördenpanne gegeben: Der Palästinenser, der am 11. Mai 2015 über Norwegen nach Deutschland gekommen war, hätte schon damals gleich wieder dorthin zurück abgeschoben werden können. Am 13. Mai stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) bei einem Datenabgleich der Fingerabdrücke fest, dass A. bereits in Norwegen registriert war. Das Land hätte also nach den Regeln des sogenannten Dublin-Abkommens den Mann zurücknehmen müssen.

Die Behörde stellte einen entsprechenden Antrag jedoch erst am 14. Juli 2015 - um einen Tag zu spät, wie das Portal Spiegel online zuerst berichtete. Denn bis dahin war die Zweimonatsfrist abgelaufen, die für solche Fälle gilt. Die norwegischen Behörden weigerten sich entsprechend, Ahmad A. zurückzunehmen. Von nun an war Deutschland für ihn zuständig.

Über Ägypten, Spanien, Schweden und Norwegen kam A. nach Deutschland

Eine Sprecherin des Bamf bestätigte, dass die Frist, innerhalb der die deutschen Behörden Ahmad A. hätten zurück nach Norwegen schicken können, "leider um einen Tag nicht gehalten worden" sei. Man müsse dabei aber berücksichtigen, dass dies mitten in der Flüchtlingskrise 2015 passiert sei, als innerhalb weniger Monate Hunderttausende Schutzsuchende nach Deutschland gekommen seien. Auch zeige "die Praxis zwischen den Mitgliedstaaten", dass "die Einhaltung der Frist für das Übernahmeersuchen an den Mitgliedstaat nicht in jedem Fall zur Überstellung an den Mitgliedstaat geführt" habe. Ein Sprecher des Hamburger Innensenators betonte, ohne eine Entscheidung des Bundesamtes habe man A. nicht abschieben können.

Der heute 26-jährige Palästinenser, der in den Vereinigten Arabischen Emiraten geboren wurde, war über Ägypten, Spanien, Schweden und Norwegen nach Deutschland gekommen. Es war offensichtlich, dass sein Asylantrag erfolglos sein würde. Allerdings galt Ahmad A. 2015 nicht als radikaler Islamist; er sei feiern gegangen und habe Alkohol getrunken. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung erhielt die Hamburger Polizei am 1. April 2016 einen ersten Hinweis auf eine religiöse Wende; der Verfassungsschutz wurde erst am 29. August informiert. Am 3. November sprachen Verfassungsschützer mit A. und empfahlen, den aus ihrer Sicht psychisch labilen Mann betreuen zu lassen, was nicht geschah.

Im November 2016 lehnte das Bamf den Asylantrag ab. Nun fehlten die Ausreisepapiere; A. zeigte sich aber kooperationsbereit. Noch am Freitag erkundigte er sich nach dem Stand der Dinge. Dann ging er in einem Edeka-Markt in Hamburg-Barmbek einkaufen, kehrte zurück, nahm ein Küchenmesser, erstach einen Mann und verletzte mehrere Menschen; dabei rief er auf Arabisch "Gott ist groß". Inzwischen hat der Bundesanwalt die Ermittlungen übernommen: Ein radikal-islamischer Hintergrund liege nahe. Der Angreifer habe sich aber erst "zwei Tage vor der Tat" für eine islamistische Lebensweise entschieden - und "am Tattag selbst" zum Attentat.

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