Hamburg:Kein Fall für die Akten

Als verdeckte Ermittlerin verkehrte Ines P. im linksautonomen Zentrum Rote Flora, arbeitete unter anderem beim Radiosender FSK. Der Fall wird die Stadt Hamburg wohl noch länger beschäftigen. Jetzt muss sich sogar der Innensenator entschuldigen.

Von Thomas Hahn, Hamburg

Die Aufarbeitung des Einsatzes der verdeckten Ermittlerin Iris P. ist längst ein Dauerbrenner des Hamburger Politikbetriebs. Seit bald einem Jahr befasst sich der Innenausschuss damit, wie die Beamtin zwischen 2001 und 2006 ihren Auftrag interpretierte, sich im Dienste des Staatsschutzes um das linksautonome Zentrum Rote Flora zu kümmern. Verletzte sie die Pressefreiheit, indem sie beim Radiosender FSK mitarbeitete? Hatte sie Liebesbeziehungen zu Zielpersonen? Und es sieht nicht so aus, als käme der Fall bald zu den Akten. Am Donnerstag musste sich Innensenator Michael Neumann (SPD) sogar entschuldigen, weil er in der Innenausschuss-Sitzung zuvor etwas voreilig beklagt hatte, anonyme Anschuldigungen würden der Beamtin Iris P. unterstellen, sie habe ihre Ermittlungen mit einer zu großen emotionalen Nähe zu einzelnen Flora-Mitgliedern betrieben.

Neumann musste einräumen, dass die Polizei Mitte September im Rahmen ihres Ermittlungsverfahrens eine Person vernommen habe, die bezeugte, mit Iris P. eine Liebesbeziehung gehabt zu haben. Iris P., die zu dem Vorwurf bis dahin geschwiegen hatte, habe das bestätigt. Vier Wochen zuvor hatte sich Neumann noch ein Wortgefecht mit der Abgeordneten Christiane Schneider (Linke) geliefert, weil diese dem Senator widersprochen hatte.

Er habe von der Zeugin nichts gewusst, weil er als Senator über laufende Ermittlungen nicht informiert werden müsse. "Misslich. Ich habe eine ziemliche Bauchlandung gemacht", sagte Neumann, "es tut mir ausdrücklich leid." Christiane Schneider akzeptierte die Entschuldigung und teilte umgehend mit, dass eine zweite Person vor dem Verwaltungsgericht Klage gegen die Innenbehörde erhoben habe "wegen schwerwiegender Eingriffe in ihre Persönlichkeitsrechte". Es geht wieder um eine sogenannte Romeo-Beziehung.

Auch der FSK hat die Innenbehörde verklagt, "um juristisch feststellen zu lassen, dass der Einsatz der Polizeibeamtin (...) im Radiosender zwischen 2003 und 2006 rechtswidrig war". Gute Nachrichten gab es für Neumann im Fall der verdeckten Ermittlerin Maria B., die zwischen 2008 und 2012 in der linksautonomen Szene ermittelte. Der Innenausschuss beendete die Selbstbefassung damit, nachdem die Polizei erklärt hatte, nach ihren Ermittlungen habe kein Rechtsverstoß stattgefunden. Auch gegen Maria B. hatte es den Vorwurf gegeben, sie habe eine Liebesbeziehung gehabt, um ihre Legende zu schützen. In der Tat sei es in einem Fall zum "Austausch von Zärtlichkeit in Form von Küssen" gekommen. Die Beamtin habe die Beziehung aber aus professionellen Gründen rechtzeitig beendet.

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