Halbnackter Agent in Petraeus-Affäre:"Es ist ein Witz"

Der Oben-ohne-Agent ist enttarnt: Frederick W. Humphries soll der Petraeus-Bekannten Jill Kelley ein Foto zugeschickt haben, auf dem er halbnackt posiert. Kollegen hatten ihn einem Bericht der "New York Times" zufolge identifiziert. Der FBI-Agent gilt als "verbissen".

Antonie Rietzschel

Frederick Humphries, Petraeus-Affäre

Der FBI-Agent Frederick Humphries im Jahre 2002. Er soll Jill Kelley Oben-ohne-Bilder geschickt haben.

(Foto: AP)

Der FBI-Mitarbeiter, der von Medien als "Agent Shirtless" bezeichnet wurde, ist offenbar enttarnt: Wie die New York Times berichtet, handelt es sich dabei um Frederick W. Humphries. Er sei von Kollegen identifiziert worden.

Humphries soll also der FBI-Agent sein, der Ermittlungen angestoßen hatte, weshalb die Affäre zwischen CIA-Chef David Petraeus und seiner Biografin Paula Broadwell aufgeflogen war. Petraeus hatte daraufhin seinen Rücktritt erklärt. Seitdem gelangen immer bizarrere Details an die Öffentlichkeit: Jill Kelley, die das FBI wegen Droh-E-Mails einschaltete und somit den Skandal auslöste, soll Hunderte E-Mails mit General John R. Allen, dem Oberbefehlshaber der US-Truppen in Afghanistan, gewechselt haben. Deren Inhalt soll zwischen "Flirt" und "Telefonsex" gelegen haben. Sie selbst bekam ein Oben-ohne-Foto von einem FBI-Agenten zugeschickt. Nun scheint klar zu sein: Der nackte Oberkörper gehört Humphries.

Sein Name steht damit auf der langen Liste von Personen, die Teil einer Geschichte sind, die fast schon einer Telenovela ähnelt (hier eine Chronik der Ereignisse). Der Plot ist ziemlich lückenhaft und vor allem verwirrend. Auch bei Humphries ist unklar, welche konkrete Rolle er spielte, bisher hat er sich selbst nicht geäußert. Dafür reden andere über ihn: Alte und neue Kollegen beschreiben ihn der Times zufolge als "leidenschaftlich", "besessen" und "aggressiv". Unrecht begegne er mit Unbarmherzigkeit.

Humphries stammt aus einer Stadt im Bundesstaat Washington, seine Karriere begann als US-Soldat. Wie die Seattle Times berichtet, hat er sich Rang um Rang nach oben gearbeitet, entschied sich dann aber, in Tampa Kriminologie zu studieren. 1996 kam er zum FBI, wo er drei Jahre später mit dem Fall eines Terroristen betraut wurde, der einen Bombenanschlag auf den Flughafen von Los Angeles verüben wollte.

"Wenn er sich irgendwo verbissen hat, wird er zur Bulldogge", sagt ein ehemaliger Kollege über ihn. So soll es auch gewesen sein, als sich Jill Kelley mit Droh-E-Mails an ihn wandte und ihn darum bat, Ermittlungen anzustellen. Kelleys Sprecher bestätigte im Gespräch mit Journalisten, dass sich die 37-Jährige dem FBI-Agenten anvertraut habe. Sie habe Angst gehabt, der Absender würde David Petraeus und General Allen stalken. Auf die Frage, was nun geschehen werde, habe der Agent geantwortet: "Das ist ernst." Eine "Cyber-Crime"-Einheit übernahm den Fall.

Das Bild soll bereits mehrere Jahre alt sein

Obwohl Humphries nicht in die Ermittlungen eingebunden war, soll er sich ständig nach deren Verlauf erkundigt haben. Irgendwann baten ihn seine Kollegen darum, sich aus dem Fall herauszuhalten. Humphries habe bei den Ermittlungen keine Rolle gespielt, sondern lediglich die Informationen von Jill Kelley erhalten, berichtet die Times und beruft sich auf Lawrence Berger, den Leiter der Federal Law Enforcement Officers Association, die über aktuelle Entwicklungen im US-Bundesrecht berichtet. Der Agent und seine Frau seien mit Kelley und ihrem Mann bis zu dem Tag befreundet gewesen, an dem sich die 37-Jährige wegen der E-Mails an ihn wandte.

Auch das erklärt möglicherweise, warum sich Humphries so für die Fortführung der Ermittlungen einsetzte. Aus Sorge, sie könnten aus politischen Gründen eingestellt werden, wandte er sich an Dave Reichert, der für die Republikaner im Repräsentantenhaus sitzt. Dieser gab die Informationen an Eric Cantor weiter, den republikanischen Mehrheitsführer im Kongress. Der informierte am 31. Oktober wiederum FBI-Direktor Robert Mueller. Die Sache kam ins Rollen.

Das FBI konnte die anonymen Droh-E-Mails der Petraeus-Biografin Paula Broadwell zuordnen und durchsuchte ihr Haus - unter anderem auch auf Hinweise, ob die Beziehung ein Sicherheitsrisiko darstellt und Broadwell von geheimen CIA-Erkenntnissen wusste. Der New York Times zufolge hat die ehemalige Elite-Soldatin derzeit keinerlei Zugang zu sicherheitsrelevanten Bereichen mehr.

Doch auch bei Kelley stießen die Ermittler auf pikante Informationen: Bei der Durchsicht ihres E-Mail-Postfachs fanden sie per Zufall heraus, dass die dreifache Mutter Hunderte von Nachrichten mit General Allen gewechselt hat. Außerdem berichteten zwei Ermittlungsbeamte dem Wall Street Journal, dass der anfänglich eingeschaltete FBI-Agent "persönlich involviert" gewesen sei. Ihm wurden gar amouröse Gefühle für Kelley unterstellt - nicht zuletzt wegen des Fotos.

Lawrence Berger, der nach eigenen Angaben mit Humphries gesprochen hat, dementiert das. "Das Bild ist vor Jahren verschickt worden, bevor Kelley ihn überhaupt wegen der Sache kontaktiert hat", zitiert ihn die Times. In einer freundschaftlichen Beziehung sei es völlig normal, dass jede Menge Bilder ausgetauscht würden. Außerdem sei das Foto nicht sexueller Natur. "Es ist ein Witz."

Update, 16. November: Mittlerweile hat sich auch Frederick W. Humphries selbst geäußert, wie die Seattle Times berichtet. Er habe das Foto nicht nur an Jill Kelley, sondern auch an Freunde und Bekannte geschickt - ohne sexuelle Hintergedanken. Der Autor des Artikels bestätigte, das Bild erhalten zu haben. Auf dem Foto, das mittlerweile veröffentlicht wurde, posiert Humphries mit nackten Oberkörper zwischen zwei durchlöcherten männlichen Torsos, die für Zielübungen genutzt werden. Dazu hatte er geschrieben: "Wer ist Fred?" Humphries erklärte, die Aufnahme sei 2010 nach einem Training mit dem SWAT-Team entstanden.

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