Haiti:Berichte: Präsidialrat entlässt Ministerpräsident Conille

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Haitis bisheriger Ministerpräsident Garry Conille ist Medienberichten zufolge entlassen worden. (Foto: Ralph Tedy Erol/Reuters)

Der bisherige Regierungschef ist erst seit einem halben Jahr im Amt. Nachfolger soll der Unternehmer Alix Didier Fils-Aime werden. Der Führungswechsel ist ein Rückschlag für die politische Stabilität des krisengebeutelten Karibikstaates.

Im Krisenstaat Haiti ist Medienberichten zufolge ein neuer Ministerpräsident nominiert worden. Der übergangsweise eingesetzte Präsidialrat soll in einem Erlass mitgeteilt haben, den amtierenden Ministerpräsidenten Garry Conille durch den Unternehmer Alix Didier Fils-Aime zu ersetzen. Das melden mehrere Medien. Die Nachrichtenagentur Reuters hatte zuvor berichtet, einen entsprechenden Resolutionsentwurf eingesehen zu haben.

Regierungschef Conille hatte seine Absetzung am Sonntag noch bezweifelt: „Diese Resolution, außerhalb jedes rechtlichen und verfassungsmäßigen Rahmens getroffen, wirft ernsthafte Bedenken hinsichtlich ihrer Legitimität und ihrer Auswirkungen auf die Zukunft unseres Landes auf“, sagt er in einem Schreiben, das in den sozialen Medien kursierte. Eine offizielle Bestätigung seiner Entlassung gibt es bisher nicht.

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Allerdings weisen die neuen Medienberichte darauf hin, dass die Pläne mittlerweile beschlossen sind. Acht von neun Ratsmitgliedern hätten die Anordnung unterschrieben, berichtete die Zeitung Le Nouvelliste. Dem Miami Herald zufolge hatte Conille Konflikte mit einem Großteil des Übergangsrates. Diesen zu schaffen, war Mitte März bei einem Treffen der Karibischen Gemeinschaft Caricom in Jamaika als Ausweg aus der schweren Staats- und Sicherheitskrise in Haiti vereinbart worden.

Conille war erst Ende Mai von dem Rat zum Ministerpräsident gewählt worden. Mit der neuen Übergangsregierung sollte er das Land aus einer schweren politischen und sozialen Krise führen und den Weg hin zu den ersten Wahlen seit 2016 ebnen.

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Haiti ist das ärmste Land des amerikanischen Kontinents und leidet seit Jahren unter der Gewalt schwer bewaffneter Banden, die die Hauptstadt Port-au-Prince größtenteils unter ihrer Kontrolle haben. Mit einer Eskalation der Gewalt ab Ende Februar zwangen sie den damaligen Interimsministerpräsidenten Ariel Henry zum Rücktritt.

Conille versuchte seitdem, die Ordnung wiederherzustellen – unter anderem mithilfe einer multinationalen Sicherheitsmission. Die Schutztruppe unter der Führung Kenias bemüht sich derzeit um die Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung in Haiti. Die Sicherheitsmission mit geplanten 3000 Einsatzkräften war im Oktober vergangenen Jahres vom UN-Sicherheitsrat genehmigt worden. Allerdings kamen die ersten kenianischen Polizisten erst im Juni in Haiti an – und bisher sind es nur wenige Hundert Beamte. Erst vor etwa einem Monat wurden bei einem Bandenüberfall auf eine kleine Ortschaft in Haiti nach UN-Angaben mindestens 70 Menschen getötet.

© SZ/dpa/Reuters/wesjo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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