Israel: Haftstrafe für Katzav:Tiefpunkt der Skandale

Die Verurteilung Mosche Katzavs wegen Vergewaltigung ist ein Beleg für die funktionierende Justiz in Israel. Doch zugleich zeugt sie davon, wie verkommen es in der Politik des Landes zugehen kann.

Peter Münch

Vom Präsidentenpalast in eine Gefängniszelle - das ist ein tiefer Absturz. Wenn so etwas einem Präsidenten passiert, dann hat es - siehe Saddam Hussein oder Slobodan Milosevic - in der Regel zuvor einen Umsturz gegeben oder einen Krieg. Doch der Fall des israelischen Ex-Präsidenten Mosche Katzav liegt anders: Er ist nicht über eine Revolution gestürzt, sondern über den Rechtsstaat.

Seine Verurteilung zu sieben Jahren Haft wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung darf als Beleg dafür gelten, dass in Israel kein Bürger über dem Gesetz steht, und dass sich kein noch so mächtiger Mann ungestraft an Mitarbeiterinnen vergreifen kann. In dieser durch und durch schmutzigen und skandalösen Affäre liegt also auch eine gute Nachricht für das Land: Die Justiz funktioniert und ist eine Stütze der Demokratie. Premierminister Benjamin Netanjahu hat dies nun besonders hervorgehoben, "mit Stolz", wie er sagt. Dazu allerdings hat er keinen Grund - denn es gibt auch eine schlechte Nachricht. Die Verurteilung Katzavs ist zugleich ein Beleg dafür, wie verkommen es in Israels Politik zugehen kann.

Gewiss, ein Vergewaltiger an der Staatsspitze ist auch für die israelischen Skandalchroniken ein einsamer Tiefpunkt. Doch über sexuelle Übergriffe ist jüngst auch der designierte Polizeichef gestürzt. Vor allem aber grassiert die Korruption im Land und untergräbt die Demokratie. Im Gefängnis wird Katzav sich in Gesellschaft finden von bereits verurteilten Ministern und Abgeordneten. Auch Ex-Premier Ehud Olmert steht gerade vor Gericht, Außenminister Avigdor Lieberman könnte folgen. Die Justiz macht dem Staat alle Ehre, die Politik beileibe nicht.

© SZ vom 23.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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