Ein Gericht in Seoul hat einen Haftbefehl gegen den suspendierten südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk-yeol erlassen. Dem Politiker wird vorgeworfen, bei der Verhängung des Kriegsrechts gegen die Verfassung verstoßen zu haben und gerichtlichen Vorladungen unentschuldigt nicht nachgekommen zu sein. Das teilte das Büro für Korruptionsuntersuchungen bei hochrangigen Beamten (CIO) am Dienstag mit. Das Seoul Western District Court folgte damit einem Antrag der Ermittler.
Das Gericht sehe einen hinreichenden Tatverdacht und die Gefahr, dass Yoon sich der Justiz entziehen könnte. Neben dem Haftbefehl wurde auch ein Durchsuchungsbeschluss für Yoons Residenz erlassen. Yoons Anwalt bezeichnete den Haftbefehl als „illegal“ und argumentierte, die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Kriegsrechts obliege dem Verfassungsgericht. Yoon werde dort persönlich erscheinen. Man werde alle Aufforderungen zur Dokumentenvorlage im Rahmen des gesetzlichen Verfahrens beantworten, „ungesetzliche Untersuchungen“ aber nicht dulden.
Yoon wäre der erste Präsident in Südkorea, der während einer Amtszeit festgenommen wird. Dass es so weit kommt, ist aber nicht gewiss, denn die Vollstreckung des Haftbefehls gestaltet sich schwierig. Bereits in der Vergangenheit hatte der Sicherheitsdienst den Ermittlern den Zugang zu den Büros von Yoon verwehrt – obwohl sie gerichtlich angeordnet worden waren. Auch Demonstranten könnten eine Verhaftung Yoons erschweren. Der Sicherheitsdienst teilte mit, man wolle den Haftbefehl „im Rahmen des ordnungsgemäßen Verfahrens“ behandeln. Der Haftbefehl ist bis zum 6. Januar gültig.
Yoon hatte zuvor drei Vorladungen der Behörde für Korruptionsermittlung zu einer Befragung im Fall seiner kurzzeitigen Verhängung des Kriegsrechts Anfang des Monats ignoriert. Gegen ihn laufen Ermittlungen, weil er Anfang Dezember mitten im Haushaltsstreit überraschend das Kriegsrecht verhängt und es Stunden später wieder aufgehoben hatte. Südkorea steckt seitdem in einer schweren Staatskrise. Vorübergehend führt der bisherige Finanzminister und Vize-Ministerpräsident Choi Sang-mok die Staatsgeschäfte. Die Nationalversammlung stimmte Mitte Dezember für Yoons Amtsenthebung. Das Verfassungsgericht hat mit dem entsprechenden Verfahren begonnen und prüft nun, ob die Entscheidung des Parlaments verfassungswidrig oder -konform war. Yoon verteidigte seine kontroverse Entscheidung zuletzt mit der Begründung, er habe das Kriegsrecht zum Schutz der Nation ausgerufen. Die Opposition wirft ihm Verfassungsbruch vor.