Haftbefehl:Italien lässt CIA-Agenten europaweit verfolgen

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13 US-Geheimdienstler sollen 2003 einen mutmaßlichen Islamisten in Mailand auf offener Straße entführt und nach Ägypten verschleppt haben. Dort sei der Mann gefoltert worden.

Von Stefan Ulrich

Auf Betreiben Italiens werden seit Montag 13 Agenten des amerikanischen Geheimdienstes CIA in ganz Europa gesucht. Die entsprechenden Unterlagen sandten die italienischen Justizbehörden an "Eurojust", das Kontaktbüro der europäischen Staatsanwaltschaften in Den Haag.

Die Mailänder Justiz hatte bereits Ende vergangener Woche Haftbefehle gegen die Geheimdienstler ausgestellt. Ihnen wird vorgeworfen, am 17. Februar 2003 den mutmaßlichen Islamisten Hassan Mustafa Osama Nasr in Mailand auf offener Straße entführt und über den US-Stützpunkt Ramstein nach Ägypten verschleppt zu haben.

Dort soll der frühere Imam einer Mailänder Moschee auch gefoltert worden sein. Der Vorgang könnte die Beziehungen Italiens zu Amerika weiter belasten. In diesem Jahr hat bereits die versehentliche Erschießung eines italienischen Agenten im Irak durch US-Soldaten das Verhältnis getrübt.

Die italienische Opposition hat das Geheimdienstkontroll-Komittee des italienischen Parlamentes eingeschaltet. Es muss prüfen, ob italienische Dienste oder die Regierung in Rom von der Verschleppungs-Aktion unterrichtet waren.

Schwerer Angriff auf Staatsautorität

Hierzu sollen Innenminister Giuseppe Pisanu und Verteidigungsminister Antonio Martino gehört werden. Auch eine Vorladung des amerikanischen Botschafters in Rom und weiterer Amerikaner wird erwogen.

Enzo Bianco, der Chef des Kontroll-Komitees, sprach von einem schweren Angriff auf die Autorität des Staates. Der frühere italienische Präsident Francesco Cossiga forderte dazu auf, die Benutzung italienischer Militärbasen durch die Amerikaner zu überprüfen.

Zugleich sagte Cossiga jedoch, Italien werde das CIA-Manöver am Ende wohl hinnehmen müssen, "da wir den USA nicht den Krieg erklären oder die Beziehungen mit ihnen abbrechen können".

Oppositionspolitiker zeigten sich entrüstet, dass die US-Agenten so ungeniert in Italien agieren konnten. Sie zweifelten, dass die italienischen Dienste nichts von der Aktion mitbekommen haben.

Schließlich soll der Imam bis Ende Januar 2003 von der Mailänder Polizei überwacht worden sein. Laut italienischen Zeitungsberichten dauerten die Vorbereitungen der 13 US-Agenten, drei Frauen und zehn Männer, in Italien drei Monate.

In dieser Zeit wohnten die Agenten in 23 Hotels, in denen sie auch Kopien ihrer Pässe hinterließen. Auch sollen die CIA-Mitarbeiter Mobiltelefone benutzt haben, die zur Ausstattung der amerikanischen Botschaft in Rom gehörten. Die italienische Justiz ließ bereits eine Villa des Mailänder CIA-Chefs durchsuchen.

Die Entführung des Imams wird in Italien nicht nur als Verletzung der Souveränität des Landes, sondern auch als Behinderung der eigenen Anti-Terror-Ermittlungen kritisiert.

Die Staatsanwälte in Mailand wollen nun ein förmliches Rechtshilfegesuch an ihre Kollegen in den USA stellen. Zugleich versuchen sie zu erreichen, dass der Imam von Ägypten nach Italien zurückgeschickt wird. Ein Untersuchungsrichter in Mailand erließ Haftbefehl gegen ihn.

© SZ vom 28.6.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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