Haftbefehl gegen Karlheinz Schreiber:Warten hinter Gittern

Karlheinz Schreiber hat alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurückgewiesen, doch das Landgericht Augsburg hat den Haftbefehl gegen ihn aufrechterhalten. Bis zum Prozessauftakt bleibt der frühere Waffenlobbyist in Haft.

Der frühere Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber hat alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurückgewiesen. Bei der Eröffnung des Haftbefehls erklärte der 75-Jährige nach Angaben eines Sprechers des Augsburger Landgerichts am Dienstag, dass die Anklage gegen ihn nicht zutreffe.

Haftbefehl gegen Karlheinz Schreiber: Waffenlobbyist hinter Gittern: Karlheinz Schreiber winkt aus einem speziell gesicherten Polizeiauto.

Waffenlobbyist hinter Gittern: Karlheinz Schreiber winkt aus einem speziell gesicherten Polizeiauto.

(Foto: Foto: Reuters)

Ungeachtet dessen entschied das Gericht, dass Schreiber bis zum Prozessbeginn im Gefängnis bleiben muss. Der Ermittlungsrichter des Augsburger Landgerichts, Rudolf Weigell, entschied, dass der Haftbefehl gegen den 75-Jährigen aufrechterhalten wird. Begründet wurde das mit Fluchtgefahr und Verdunkelungsgefahr, wie Gerichtssprecher Karl-Heinz Haeusler mitteilte.

Der Haftbefehl war bereits vor zehn Jahren erlassen worden, Schreiber entzog sich aber durch seine Flucht nach Kanada. Der 75-Jährige bestritt über seinen Anwalt pauschal alle Vorwürfe.

Schreiber habe einen mitgenommenen Eindruck gemacht, sagte ein Gerichtssprecher am Dienstag in Augsburg. Der Haftbefehl wurde ihm von drei Richtern und drei Staatsanwälten eröffnet. Gegen Schreiber liegt vor dem Landgericht Augsburg eine zur Hauptverhandlung zugelassene Anklage wegen millionenschwerer Steuerhinterziehung, Betrugs und Bestechung in mehreren Fällen vor.

Schreiber lehnte es ab, fotografiert zu werden. Sein Anwalt Jens Wursbach wollte keine Stellungnahme abgeben. Der Ex-Waffenhändler ist eine Schlüsselfigur im CDU-Spendenskandal um den ehemaligen Bundeskanzler und Parteivorsitzenden Helmut Kohl. Er soll über ein Schweizer Tarnkontensystem Politiker und Industrielle bestochen haben.

Nach der Eröffnung des Haftbefehls zog sich das Gericht zu einer kurzen Beratung zurück. Wann die Verhandlungen beginnen, war zunächst unklar. Mit einer Terminierung des Prozessbeginns sei am Dienstag nicht mehr zu rechnen, sagte Landgerichtspräsident Herbert Veh.

Der damalige SPD-Vertreter im Parteispenden-Untersuchungsausschuss, Danckert, sagte im ARD-"Morgenmagazin", er rate der Parteispitze um SPD-Chef Franz Müntefering und Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier davon ab, im Wahlkampf auf Schreiber zu setzen. Es sei noch ungeklärt, ob Schreiber zu den Spendern gehört habe, die Altkanzler Helmut Kohl (CDU) bis heute nicht genannt habe.

Danckert sagte, er erwarte sich auch nichts von den von Schreiber wiederholt angedrohten Enthüllungen über Schäuble. Er glaube, dass dies keine Relevanz mehr habe. "Wer glaubt, dass er damit den Bundestagswahlkampf zum 27. September hin bestimmen kann, der irrt", warnte Danckert seine Partei.

Schreiber dürfe nicht der "Kronzeuge" der SPD im Wahlkampf sein. Der am Montag von Kanada nach Deutschland ausgelieferte Schreiber sei "ja immerhin jemand, der im Verdacht steht, hochkriminelle Handlungen begangen zu haben".

Der FDP-Obmann im damaligen Untersuchungsausschuss, Max Stadler, sagte im WDR, er erwarte bei den Vorwürfen gegen Schäuble ebenfalls "keine entscheidende Wendung". Dass es eine von der CDU nicht ordnungsgemäß verbuchte 100.000-Mark-Spende Schreibers gegeben habe, sei schon bekannt.

Der damals ebenfalls im Untersuchungsausschuss vertretene Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele sagte im Deutschlandradio Kultur, nach seiner Kenntnis seien in Kanada "umfangreiche Unterlagen" beschlagnahmt worden, die der Untersuchungsausschuss nicht zur Verfügung gehabt habe. Ob ein weiterer Untersuchungsausschuss nötig sei, hänge nun davon ab, was Schreiber an Informationen liefere.

Schreiber war am Sonntagabend nach zehnjährigem juristischen Tauziehen aus Kanada ausgewiesen worden und am Montag in München eingetroffen. Grundlage für die Auslieferung war ein internationaler Haftbefehl der Augsburger Staatsanwaltschaft. Schreiber hatte sich seit 1999 durch seine Flucht über die Schweiz nach Kanada den deutschen Behörden entzogen.

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