Hängepartie um die Eröffnung des Berliner Flughafens:Neuer Hauptstadtflughafen soll nur zur Hälfte betriebsbereit sein

Der neue Hauptstadtflughafen Berlin Brandenburg wäre offenbar auch mit funktionierender Brandschutzanlage am 3. Juni nicht startklar gewesen. Laut Medienberichten funktionieren 48 Prozent der Prozesse "nicht immer zuverlässig". Dass die Eröffnung bis zum Herbst gelingen kann, gilt als unwahrscheinlich.

Der neue Berliner Flughafen wäre wohl auch ohne die Probleme mit den Brandschutzbestimmungen nicht bis zum 3. Juni fertiggestellt worden. Wichtige Bereiche von Check-in über Zoll bis Boarding und Bodenverkehr sollen nur zu 52 Prozent betriebsbereit sein. Dies geht aus einem Bericht Münchner Experten aus dem April hervor, der der Berliner Stadtentwicklungsverwaltung vorliegt. Die Firma ist für den Probebetrieb am neuen Flughafen mitverantwortlich.

Ein Flughafensprecher bestätigte am Samstag die Existenz des Berichts. Nach seinen Angaben funktioniert etwa 52 Prozent der Prozesse vollständig. Der Rest sei "nicht immer zuverlässig", die Probleme hätte man aber durch andere Maßnahmen in den Griff bekommen und den Flughafen nichtsdestotrotz termingemäß eröffnen können.

Die Stadtentwicklungsverwaltung war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen. Die für 3. Juni geplante Eröffnung des Hauptstadtflughafens wurde am Dienstag überraschend verschoben. Mängel bei der Brandschutz-Technik sollen der Grund dafür gewesen sein. In der Branche gilt angesichts der komplexen Abstimmung von Baufirmen, Dienstleistern und Behörden inzwischen auch als ausgeschlossen, dass die Eröffnung bis September gelingen kann.

Frühestens am kommenden Mittwoch entscheidet der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft über einen neuen Termin für die Inbetriebnahme. Die beiden Hauptkunden an den bisherigen Berliner Standorten Tegel und Schönefeld, Air Berlin und Easyjet, plädieren dafür, den neuen Willy-Brandt-Flughafen Ende Oktober zu öffnen. Dann wird der Wechsel vom Sommer- zum Winterflugplan vollzogen.

Die Lufthansa sprach sich sogar für einen neuen Eröffnungstermin frühestens Anfang November oder später aus. Die Airline kündigte inzwischen außerdem Schadenersatzforderungen an. "Am Ende wird eine große Rechnung auf die Berliner Flughäfen zukommen", sagte Vorstandsmitglied Carsten Spohr der Berliner Morgenpost vom Samstag.

Experten der Lufthansa hatten offenbar schon vor Wochen gewarnt, dass der Eröffnungstermin am 3. Juni kaum zu halten sei. So soll laut Spohr unter anderem die IT am Flughafen nicht richtig funktionieren. Zudem gab es ihm zufolge deutlich mehr Rückstände beim Bau als bislang bekannt. Demnach wäre offenbar nicht einmal die Lounge der Lufthansa fertig geworden.

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) schließt ein personelles Nachspiel wegen des verpatzten Starts des Hauptstadtflughafens nicht aus. Man werde die gemachten Fehler aufarbeiten "und gegebenenfalls müssen auch Konsequenzen gezogen werden", sagte Wowereit am Samstag bei einem Bürgerfest auf dem neuen Airport. Er schloss dabei aus, dass ein Mitarbeiter aus dem "unteren Bereich" für die Chefs geopfert werde.

Wowereit kündigte außerdem an, dass bei einer Aufsichtsratssitzung am Mittwoch versucht werde, einen neuen Eröffnungstermin auszumachen: "Wir hoffen, dass wir an diesem Mittwoch dann den belastbaren Termin auch festlegen können." Wowereit entschuldigte sich noch einmal für die Probleme bei der Fertigstellung, die er als "mittlere Katastrophe" bewertete.

Flughafen-Chef Rainer Schwarz, der ebenfalls auf der Veranstaltung sprach, drückte sein Bedauern über die Verzögerung aus. Man habe das Flughafen-Fest "unter anderen Vorzeichen geplant".

Auch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) macht Druck auf das Flughafen-Management. "Die Pannenserie muss endlich ein Ende haben", sagte er dem Magazin Focus. "Es geht beim BER schließlich um ein international renommiertes Großprojekt und nicht um den Bau einer Pommes-Bude." Deshalb forderte der Minister "eine wasserdichte Projektplanung" sowie einen genauen Terminplan, der auch wirklich eingehalten werden könne.

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