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Hackerangriff auf Initiatorin von Genozid-Gesetz:"Ihr Franzosen seid so erbärmlich"

Seitdem Valérie Boyer den Entwurf für ein Gesetz eingebracht hat, welches das Leugnen des Genozids an den Armeniern im Osmanischen Reich unter Strafe stellt, herrscht zwischen Frankreich und der Türkei Eiszeit. Und auch Boyer wird angefeindet - wie nun auf ihrer Website zu sehen war.

In Frankreich ist ein Hackerangriff auf die Internetseite der Abgeordneten verübt worden, die den Entwurf für das umstrittene Völkermord-Gesetz vorgelegt hatte. Auf der Homepage von Valérie Boyer von der Regierungspartei UMP war am Sonntag vorübergehend eine türkische Fahne auf schwarzem Hintergrund zu sehen.

In der dazugehörigen Botschaft hieß es in Anspielung auf die Präsidentschaftswahl in Frankreich im nächsten Frühjahr: "Ihr Franzosen seid so erbärmlich und mitleiderregend, dass ihr die Wahrheit verachtet, um Stimmen zu erhalten." Die Internetseite der Abgeordneten aus Marseille wurde daraufhin vom Netz genommen.

In der auf Englisch und Türkisch verfassten Hacker-Nachricht waren auch die in Frankreich lebenden Armenier attackiert worden. "Ihr, die armenische Diaspora, seid solche Feiglinge, dass ihr nicht den Schneid habt, die armenischen Archive zu öffnen und euch der Wahrheit zu stellen."

Boyer erhält wegen ihres Vorschlags zu dem Völkermord-Gesetz nach eigenen Angaben auch Todesdrohungen. Auch ihre Familie sei betroffen, sagte sie einem französischen Rundfunksender.

Der von Boyer eingebrachte Gesetzentwurf stellt das Leugnen eines in Frankreich anerkannten Völkermordes unter Strafe. Dazu zählt das Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich zwischen 1915 und 1917. Die Türkei als Rechtsnachfolgerin lehnt dafür den Begriff Völkermord ab und setzt die Opferzahl deutlich niedriger an als Armenien.

Nach der Verabschiedung des Gesetzes in der französischen Nationalversammlung legte Ankara die politische und militärische Zusammenarbeit mit Paris auf Eis und beorderte den Botschafter zurück in die Heimat.

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