Hacker:Die russische Fährte

Hacker: Thema in Genf: Erst vor Kurzem hat US-Präsident Joe Biden (rechts) die Hacker-Angriffe aus Russland bei seinem Treffen mit Staatschef Wladimir Putin angesprochen.

Thema in Genf: Erst vor Kurzem hat US-Präsident Joe Biden (rechts) die Hacker-Angriffe aus Russland bei seinem Treffen mit Staatschef Wladimir Putin angesprochen.

(Foto: Brendan Smialowski/AFP)

Selbst demokratische Parteifreunde wollen, dass US-Präsident Joe Biden energischer gegen Cyberattacken vorgeht.

Von Christian Zaschke

Wie sehr Kriminelle im Netz auf das reale Leben Einfluss nehmen können, zeigte sich in den USA im vergangenen Mai. Nach einem Hackerangriff musste eine Pipeline abgeschaltet werden, durch die 45 Prozent des Benzins für die Ostküste laufen. Die Folge waren Hamsterkäufe und endlose Schlangen vor den Tankstellen. Einige Tage herrschte im Südosten der USA Chaos. Schließlich zahlte die Betreiberfirma Colonial Pipeline den Hackern 4,4 Millionen Dollar Lösegeld.

Die US-Geheimdienste gingen davon aus, dass die Täter aus Russland kamen, allerdings sagte Präsident Joe Biden ausdrücklich, es gebe keine Beweise dafür, dass eine Beziehung zur russischen Regierung bestehe. Er ist in der Regel darum bemüht, den Cyberkrieg mit Russland nicht eskalieren zu lassen. Verschiedenen Beobachtern zufolge ist diese Strategie der Deeskalation im Weißen Haus zumindest nicht unumstritten. Manche Berater sollen sich ein entschiedeneres Vorgehen gegen Russland wünschen.

Attacken gab es jedenfalls zuletzt einige. Kürzlich legten Hacker der Gruppe "REvil" den Fleischhersteller JBS lahm. Das ist nicht irgendeine Firma, sondern der größte Fleischproduzent der Welt. Das Unternehmen zahlte den Hackern ein Lösegeld von elf Millionen Dollar. Auch in diesem Fall blieb die Regierung ruhig.

Über eine US-Behörde verteilten Kriminelle Schadsoftware an Menschenrechtsgruppen

Ebenfalls erst kürzlich drangen Hacker in das E-Mail-System der US-Agentur für Internationale Entwicklung ein. Das ist deshalb bedeutsam, weil diese Agentur Teil des Regierungsapparates ist. Dabei ging es den Hackern nicht darum, deren Mails zu lesen, sondern darum, die Konten zu benutzen, um E-Mails an andere Firmen zu verschicken.

Das Kalkül dahinter ist, dass die Mails wegen des vertrauenserweckenden Absenders geöffnet werden und es so den Hackern erlauben, die Kontrolle über den jeweiligen Computer zu übernehmen. Solche Mails wurden vor allem an Menschenrechtsgruppen und Thinktanks geschickt, von denen einige Russland kritisch gegenüber stehen. Die US-Behörden vermuteten den russischen Geheimdienst S.V.R. hinter der Attacke.

Der demokratische Abgeordnete Adam Schiff, Vorsitzender des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, ist der Ansicht, dass die Regierung mehr tun müsse, um solche Übergriffe zu verhindern. Mit Verweis auf Sanktionen, die Biden früher im Jahr wegen einer Cyberattacke gegen Russland verhängt hatte, sagte Schiff: "Die Sanktionen haben der Regierung die Möglichkeit gegeben, die finanziellen Schrauben weiter anzuziehen, falls das nötig ist. Und es scheint jetzt gerade nötig zu sein." Präsident Biden zeigte sich bisher jedoch wenig beeindruckt von den Vorschlägen seines Parteifreundes.

Der bekannteste russische Übergriff ist wohl der von 2016, als Hacker sich des E-Mail-Servers des Nationalen Komitees der Demokratischen Partei bemächtigten. Dass Russland Einfluss auf die Wahlen von 2016 genommen hat, gilt als sicher. Unklar ist allein, wie weitreichend dieser Einfluss war und ob er am Ende dazu geführt hat, dass Donald Trump die Präsidentschaftswahl gewann. Im Jahr 2020 haben die Russen laut den US-Diensten hingegen nicht versucht, die Wahlen zu attackieren.

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