Gysi bei Anti-Atom-Demo:Polizeiliche Parkplatzeinweiser

Medienwirksam fuhr Gregor Gysi bei den Protesten im Wendland einen Traktor. Angereist war er im Audi A8. Dass der Dienstwagen unter polizeilicher Bewachung stand, empört nun den politischen Gegner.

Lena Jakat

Zur Protestkundgebung gegen den Castor-Transport am vergangenen Wochenende sind sie zu Zehntausenden ins Wendland gekommen: Familien, Unternehmer, Politiker. Claudia Roth nahm an einer Sitzblockade von 3000 Atomkraftgegnern teil - und Gregor Gysi, Fraktionsvorsitzender der Linkspartei, setzte sich ans Steuer eines Protest-Traktors.

Proteste gegen Castortransport

Genüsslich fuhr der Linken-Fraktionsvorsitzende einen Protest-Trecker. Wo sein Dienstwagen zu parken hat, kann Gregor Gysi dagegen nicht immer selbst entscheiden.

(Foto: dapd)

Gysi war auf Einladung der "Bäuerlichen Notgemeinschaft" angereist. Mit dem Dienstwagen, einem Audi A8, wie die Bild-Zeitung genüsslich ausbreitet. Anders als später das landwirtschaftliche Nutzfahrzeug fuhr Gysi den Wagen allerdings nicht selbst, sondern ein Chauffeur. Das ist für einen Bundespolitiker im Übrigen auch nicht ungewöhnlich. Der Fahrer parkte das Auto in Dannenberg, dort, wo die Castoren auf Straßentransporter gesetzt wurden und wo am vergangenen Wochenende die zentrale Kundgebung gegen die Proteste stattfand.

Allerdings stellte er das Auto nicht einfach am Straßenrand ab, sondern auf dem Vorplatz eines Sägewerks, der eigentlich parkenden Polizeifahrzeugen vorbehalten war. "Gysi durfte seinen Wagen ausnahmsweise dort abstellen", bestätigte eine Polizeisprecherin.

Dieser Umstand rief umgehend CSU-Politiker Norbert Geis auf den Plan. Der Franke ist Innenexperte und profilierter Wetterer seiner Partei. Ganz im Stile seines Generalsekretärs - Alexander Dobrindt hatte die Grünen den "politischen Arm von Aufrührern, Brandstiftern und Steinewerfern" genannt - legte er Gysis Auftritt im Wendland als Angriff auf die Staatsgewalt aus: "Herr Gysi hat ein schizophrenes Verhältnis zu unserer Rechtsordnung", sagte Geis der Bild-Zeitung. "Er gibt sein Auto in die Obhut der Polizei und unterstützt gleichzeitig durch seine Anwesenheit die Aggression der Demonstranten gegen die Polizei."

Bei der Linkspartei reagierte man darauf mit blankem Unverständnis. "Diesen Zusammenhang herzustellen zeugt von völliger Unkenntnis", sagte Fraktionssprecher Hendrik Thalheim zu sueddeutsche.de. Denn der Fahrer hatte sich den bequem gelegenen Parkplatz nicht selbst ausgesucht.

Grüne: Wir hatten nie irgendwelche Probleme

"Der Fahrer handelte auf direkte Anweisung des Bundeskriminalamts (BKA)", sagte Thalheim. Der Chauffeur habe vom BKA einen Telefonkontakt vor Ort erhalten und wurde angewiesen, Gysis Dienst-Audi neben den Polizeifahrzeugen abzustellen. "Das BKA ist wie bei anderen Spitzenpolitikern auch für Gysis Schutz bei öffentlichen Auftritten zuständig", so Thalheim. Das BKA entscheide, welche Sicherheitsvorkehrungen dafür jeweils notwendig sind. "Da geht es um einen Schutzauftrag des BKA, nicht darum, dass Gysi etwa einen sicheren Parkplatz für sein Dienstauto gesucht hätte. Wer solchen Blödsinn verbreitet, ist entweder ahnungslos oder böswillig oder beides. "

Zwar war der Alt-Grüne Hans-Christian Ströbele radelnd auf der Demonstration zu sehen, doch seine Parteivorsitzenden reisten ebenfalls mit einem Fahrzeug des Grünen-Fuhrparks an. Wenn auch nicht mit einem Audi, sondern einem 3er BMW, mit besonders effizientem Motor, wie Pressesprecher Jens Althoff betont. Und auch Claudia Roth und Cem Özdemir fuhren nicht selbst. "In dem Fall bin ich selbst gefahren", sagte Althoff zu sueddeutsche.de. Er habe während der drei Tage irgendwo in den umliegenden Dörfern geparkt, ohne Polizeischutz. "Wir hatten nie irgendwelche Probleme", so Althoff.

Bei seiner Empörung über Gysis Sonderparkplatz fiel der CSU-Politiker Norbert Geis nicht zum ersten Mal mit zugespitzten Formulierungen auf. Häufig fallen sie, wenn es um innere Sicherheit geht - oder um homosexuelle Lebensparterschaften. So sprach sich Geis schon einmal für Sicherheitsverwahrung ohne Prozess aus. Vergangene Woche bezeichnete er die Forderung der Justizministerkonferenz nach einem Adoptionsrecht für homosexuelle Paare als falsch und "im höchsten Maße verantwortungslos".

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