Guttenberg vor dem Untersuchungsausschuss:Hauptsache, die Haltung stimmt

Lässig und selbstbewusst stellt sich Verteidigungsminister Guttenberg den Fragen - doch seine Antworten können die Zweifel nicht beseitigen

Peter Blechschmidt

Er war noch Wirtschaftsminister, als am 4. September 2009 nahe der nordafghanischen Stadt Kundus auf Befehl eines deutschen Obersten amerikanische Bomben auf zwei von Taliban entführte Tanklastwagen fielen. Doch schon wenige Tage nach seinem Amtsantritt im Verteidigungsministerium Ende Oktober waren der Luftschlag und seine Folgen auch eine Affäre des "Shooting Stars" der Union, Karl-Theodor zu Guttenberg.

Karl-Theodor zu Guttenberg; Untersuchungsausschuss, Kundus; ddp

Karl-Theodor zu Guttenberg vor dem Untersuchungsausschuss.

(Foto: Foto: ddp)

Vorschnelle Äußerungen und schlecht durchdachte Entscheidungen rückten ihn schnell ins Zentrum einer Auseinandersetzung, die ihn am Donnerstag vor den Kundus-Untersuchungsausschuss des Bundestags führte.

Keine Überraschung

Alles andere als ein äußerst selbstbewusster Auftritt des Ministers wäre eine große Überraschung gewesen. Minutenlang stellt sich Guttenberg den Fotografen. Lächelnd grüßt er in die Runde, auch die vollbesetzte Zuschauer- und Pressetribüne wird mit einem Blick nach oben bedacht. Gelächter löst die Ausschussvorsitzende Susanne Kastner (SPD) aus, als ihr bei der Belehrung des Zeugen der Versprecher unterläuft, er dürfe seinen Aussagen "nichts hinzufügen, was der Wahrheit entspricht".

Dann hat der Minister das Wort, für 75 Minuten. Im Kern geht es um zwei Dinge: Guttenbergs 180-Grad-Wende in der Bewertung des Bombardements und seine Entscheidung, den damaligen Staatssekretär Peter Wichert und den seinerzeitigen Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan zu entlassen.

Eine Woche nach Übernahme der Amtsgeschäfte schloss sich Guttenberg der Bewertung Schneiderhans an, der Luftschlag sei "militärisch angemessen" gewesen. Im selben Atemzug ging er noch über diese Feststellung hinaus und betonte, auch wenn Oberst Georg Klein keine Verfahrensfehler begangen hätte, hätte es zu dem Luftschlag "kommen müssen". Alle Kundigen rieben sich verwundert die Augen, niemand hatte Guttenberg zu dieser Aussage geraten. Bei den Soldaten kam sie gut an: Endlich ein Minister, der ihnen Rückendeckung gab.

Im Ausschuss bestätigt Guttenberg, dass der Zusatz, es hätte zum Luftschlag kommen müssen, seine eigene Bewertung gewesen sei. Allerdings habe ihm im Vorfeld niemand aus der militärischen Führung von dieser Bemerkung abgeraten, auch Schneiderhan nicht, mit dem er am Vorabend telefoniert habe. Er, Guttenberg, habe Schneiderhan die wesentlichen Passagen seiner beabsichtigten Erklärung vorgelesen, einschließlich der Aussage zur Unvermeidlichkeit. Dies steht im Widerspruch zur Angabe Schneiderhans im Ausschuss, derzufolge es keine inhaltliche Erörterung bei diesem Telefonat gegeben hat.

Schwierige Aktenlage

Am 3. Dezember korrigierte sich Guttenberg. Vor dem Bundestag erklärte er, wiederum zur Überraschung vieler auch in den eigenen Reihen, der Luftschlag sei "aus heutiger objektiver Sicht" militärisch nicht angemessen gewesen. In den Akten des Ausschusses findet sich nach Angaben von Abgeordneten kein Hinweis, dass jemand Guttenberg zu der Korrektur geraten habe.

Im Ausschuss begründet Guttenberg diese Korrektur mit neuen Erkenntnissen, die er aus Dokumenten gewonnen habe, von deren Existenz er erst am 25. November erfahren habe. An diesem Tag entließ der Minister Wichert und Schneiderhan. Anlass dafür war eine Ankündigung der Bild-Zeitung, sie werde den sogenannten Feldjäger-Bericht veröffentlichen. Die deutsche Militärpolizei hatte unmittelbar nach dem Luftschlag erste Ermittlungen aufgenommen. Der Bericht über diese ersten Befragungen enthielt nichts, was Ende November nicht schon aus dem längst vorliegenden Isaf-Untersuchungsbericht bekannt war.

Vertrauensbasis fehlte

Das räumt auch Guttenberg am Donnerstag ein, obwohl er zuvor gerade diese Dokumente zur Begründung seiner Kehrtwende herangezogen hat. Dies habe er aber an jenem 25. November gar nicht wissen können, da er bis dahin von der Existenz dieses Berichts sowie anderer interner Dokumente der Bundeswehr keine Kenntnis gehabt habe. Davon habe er erst in einem Gespräch mit Wichert und Schneiderhan erfahren, was ihn sehr irritiert habe. Damit habe es keine Vertrauensbasis mehr gegeben. Guttenberg beharrt darauf, dass es lediglich diese Vertrauensfrage, nicht aber die Inhalte der Dokumente gewesen seien, die ihn zur Entlassung der Spitzenleute veranlasst habe.

Den Verlauf dieses Gesprächs schildert Guttenberg nach wie vor anders als Wichert und Schneiderhan. Strittig bleibt, ob Guttenberg mehrmals nachfragen musste, bevor Schneiderhan und Wichert weitere Berichte genannt haben. Vor allem aber die Version Guttenbergs, er habe zwei Zeugen für das entscheidende Gespräch am frühen Nachmittag des 25. November, wird von den beiden bestritten. Nach ihrer Aussage war nur Guttenbergs Büroleiterin anwesend, nach Darstellung Guttenbergs auch sein damaliger Adjutant, Oberst Peter Braunstein. Eine Erklärung für die Version von Wichert und Schneiderhan habe er nicht, sagt Guttenberg auf die Frage eines CDU-Abgeordneten. "Vielleicht haben Sie mich vergessen", erlaubt sich Guttenberg einen kleinen Scherz.

Angesichts der oft hilflosen Fragen der Opposition wird der Minister mit zunehmender Dauer der Sitzung immer lockerer. Sein Ton wird teilweise belehrend, als rede er mit Schülern, manchmal kommt auch ein Hauch von Ungeduld hinzu. Immer wieder verweist er auf seine Stellungnahme. Diese Opposition wird Guttenberg nicht zu Fall bringen.

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