Guttenberg und die Plagiatsaffäre:Im Kreuzfeuer der Kritik

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"Der Lügenbaron muss abtreten": Die SPD legt mit ihrer Kritik an Verteidigungsminister Guttenberg nach - und greift in der Plagiatsaffäre auch Kanzlerin Angela Merkel scharf an. Derweil stellen sich auch prominente Unionspolitiker öffentlich gegen den Verteidigungsminister.

Kritik von allen Seiten: Nachdem der Bayreuther Wissenschaftler Oliver Lepsius den Verteidigungsminister scharf angegriffen hat, distanzieren sich auch Unionspolitiker öffentlich von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) kritisierte Guttenberg und zweifelte an dessen politischem Überleben. "Ich weiß nicht, wie lange er das erträgt und aushalten kann", sagte er dem Tagesspiegel. "Ich halte das Verhalten des Doktoranden zu Guttenberg weder für legitim noch für ehrenhaft."

Anti-Guttenberg-Demonstration in Berlin auf dem Potsdamer Platz: Mehrere hundert Teilnehmer forderten am Samstag den Rücktritt des Verteidigungsministers. (Foto: dapd)

Ähnlich äußerte sich der frühere Thüringer Ministerpräsidenten Bernhard Vogel (CDU). Er meint, für den Verteidigungsminister sei die Affäre noch nicht ausgestanden. "Ein Rücktritt wäre leichter für ihn gewesen - Guttenberg hat den schwierigeren der denkbaren Wege gewählt", sagte er Spiegel Online.

SPD-Parteichef Sigmar Gabriel legte Guttenberg erneut einen Rücktritt nahe. "Würde er zurücktreten, könnte er in einigen Jahren seine Karriere fortsetzen. So bleibt er für immer beschädigt", sagte er der Bild am Sonntag.

Auch der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck fordert die Entlassung von Guttenberg. "Ich glaube einfach, dass ein Bundesminister - gar an einer solchen Stelle - einfach wissen muss, wie er zu handeln hat. Und wenn er das nicht weiß, dann muss die Regierungschefin handeln", sagte Beck am Sonntag im Deutschlandfunk mit Blick auf Kanzlerin Angela Merkel. "Ich jedenfalls, wenn's eines meiner Regierungsmitglieder wäre, würde handeln."

Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion und Chef der Bayern-SPD, Florian Pronold: "Der Betrug und die Täuschungshandlung von Guttenberg sind offensichtlich", sagte Pronold dem Handelsblatt Online. "Wenn der jetzt durch die weitere Prüfung festgestellt wird, muss der Lügenbaron abtreten", fügte der SPD-Politiker dazu. Ein Doktortitel könne im Nachhinein nur aberkannt werden, wenn getäuscht worden sei, betonte Pronold. "Die Uni Bayreuth hat sich bisher rechtswidrig um diese Prüfung herumgemogelt."

Die Universität hatte Guttenberg am Mittwoch den Doktortitel aberkannt, weil er in seiner Dissertation in erheblichem Umfang gegen wissenschaftliche Standards verstoßen hat. Die Frage der Täuschung ließ die Universität bislang offen, eine extra eingesetzte Kommission prüft diese Vorwürfe derzeit. Der Minister hatte die Plagiatsvorwürfe zunächst als abstrus bezeichnet, später aber schwere Fehler eingeräumt. Den Vorwurf der bewussten Täuschung weist der CSU-Politiker ebenso zurück wie Forderungen der Opposition nach seinem Rücktritt.

Gabriel: Demokratie nimmt Schaden

Gabriel greift in der Bild am Sonntag auch die Bundeskanzlerin scharf an: Durch ihr Verhalten in der Plagiatsaffäre schade sie der Demokratie. "Frau Merkel ist die erste, die in Deutschland behauptet, dass jemand in seinem 'Privatleben' geistiges Eigentum stehlen und betrügen darf und trotzdem in seinem 'Beruf' Minister bleiben kann", sagte Gabriel dem Blatt. "Wenn das Schule macht, dann werden sich künftige Politiker darauf berufen."

Gabriel stufte die Plagiatsaffäre um den Verteidigungsminister als "ein Kennzeichen der Krise unserer Demokratie" ein. Dies betreffe Guttenbergs Aufstieg ebenso wie seinen Fall. "Viele Menschen empfinden Parteien und Politiker als technokratisch, weltfremd und häufig auch als grau und langweilig", sagte Gabriel. Guttenberg sei für viele eine Alternative gewesen - "scheinbar unabhängig, klar in der Sprache und dazu noch schick und mit dem Glamour des Adels".

Trotz der anhaltenden Kritik bleibt Guttenberg in Umfragen weiterhin Deutschlands beliebtester Politiker. Allerdings büßte er dem ZDF-Politikbarometer zufolge an Sympathiepunkten deutlich ein. Er liegt nunmehr mit einem Durchschnittswert von 1,4 (nach 2,0 Anfang Februar) gleichauf mit Bundeskanzlerin Merkel.

Zu den immer noch hohen Beliebtheitswerten des Verteidigungsministers sagte Gabriel: "Viele wollen sich von diesem Bild noch nicht verabschieden. Es ist ja auch eine große Enttäuschung, wenn man auf einmal merkt, dass man einem Trugbild aufgesessen ist." Aus dem Fall Guttenberg müsse die Lehre gezogen werden, "dass wir unsere Demokratie selbst wieder attraktiver machen müssen, damit die Menschen nicht auf Trugbilder angewiesen sind, um sich in ihr wohl zu fühlen".

© AFP/dapd/Reuters/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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