Guttenberg und die Kundus-Affäre:Ein Mann, eine Provokation

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Die SPD hat lange unter der Popularität von Verteidigungsminister Guttenberg gelitten. Jetzt ist er wegen der Kundus-Affäre unter Beschuss geraten - und die Sozialdemokraten nutzen die Gunst der Stunde.

Nico Fried

Am Tag danach ist die Wut unter den Sozialdemokraten noch immer groß. Der Abgeordnete Axel Schäfer zum Beispiel empört sich über "diese gegelte Arroganz von Menschen, die obendrein politisch noch nichts Nachhaltiges geleistet haben". Gemeint ist Karl-Theodor zu Guttenberg, der Verteidigungsminister, und Anstoß nimmt die SPD an dessen Auftritt im Bundestag am Mittwoch, der zeitweise zu tumultartigen Zuständen im Parlament geführt hatte.

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg verfolgt die Kundus-Debatte im Bundestag. (Foto: Foto: Getty)

Mit spöttischem Lächeln im Gesicht hatte Guttenberg der Opposition Klamauk vorgehalten, fehlenden Anstand moniert und sich selbst - dann mit ernstem Gesicht - zum Schutzherren der Soldaten im Feld gegen die Angriffe aus der Heimat stilisiert. "Das ist deutscher Korpsgeist", war ihm daraufhin aus den Reihen der SPD zugerufen worden.

Exorbitante Popularitätswerte

Guttenberg konnten sie noch nie leiden. Schon der einfache CSU-Abgeordnete Guttenberg und der damalige Außenminister Frank-Walter Steinmeier sollen sich im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags nicht immer freundlich behandelt haben. Als Wirtschaftsminister zog sich Guttenberg vor allem mit seiner Insolvenz-Linie im Fall Opel sozialdemokratischen Zorn zu.

Angriffe im Wahlkampf unterblieben dann allerdings sehr schnell, weil sie die exorbitanten Popularitätswerte des politischen Konkurrenten eher noch weiter in die Höhe trieben. Außerdem lenkten sie den Blick darauf, dass die SPD nach Jahren an der Regierung nur ausgelaugte Minister und ein farbloses Kompetenzteam anzubieten hatte, die Union aber immerhin ein frisches Gesicht.

Nun aber erfreuen sich die Sozialdemokraten an der oppositionellen Freiheit zur Attacke. Am verwundbarsten erscheint ihnen der Minister dabei zum einen bei seinem bis heute nicht begründeten Meinungswandel über den Angriff auf die Taliban in Kundus am 4. September. Zum anderen drängen sie auf Klärung der Umstände, unter denen er Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan aus dem Amt drängte.

SPD-Chef Sigmar Gabriel hielt dem früheren Kabinettskollegen vor, er habe, "nur weil er in der Öffentlichkeit gut dastehen will, einen hochverdienten General einfach" rausgeworfen und dazu "die Unwahrheit" gesagt. Fraktionschef Steinmeier warf dem Verteidigungsminister Ablenkungsmanöver vor. Im Kern gehe es um die Frage, ob Guttenberg die Öffentlichkeit und das Parlament richtig informiert habe.

So vehement sind die Angriffe, dass regierungsseitig manch einer vor allem ein Ablenkungsmanöver der SPD vermutet, die zum Zeitpunkt des Angriffs noch mit in der Regierung saß. Bislang ist aus dem Auswärtigen Amt, wo mittlerweile Guido Westerwelle das Sagen hat, noch kein Dokument aufgetaucht, das dessen Vorgänger behelligen würde. Steinmeier selbst hat wiederholt sehr selbstbewusst erklärt, gegen ihn werde nichts Vorwerfbares zu finden sein. Das aber ist manchmal keine Frage der Fakten, sondern nur der geschickten Platzierung.

"Nichts anderes als eine Verleumdung"

Einstweilen knöpft sich die schwarz-gelbe Koalition Rainer Arnold vor, den verteidigungspolitischen Sprecher der SPD. Auswendig können Koalitionäre die Daten von Zeitungsberichten runterbeten, in denen Arnold sich für eine Klarstellung der Regeln für deutsche Soldaten in Afghanistan eingesetzt und dabei auch den präventiven Gebrauch von Schusswaffen gefordert habe.

"Die Situation ist, wie sie ist, und dann wird man doch Terroristen, wenn man sie erkannt hat, nicht einfach laufen lassen", sagte Arnold am 1. Juli. Allerdings bezog er sich dabei auf eine unmittelbare Bedrohung zum Beispiel durch Attentäter, die im Straßengraben auf ihre Opfer lauerten.

Verteidigungsminister Guttenberg spickte seine Rede am Mittwoch mit Andeutungen, Arnold habe schon am 8. September, also vier Tage nach dem Bombardement, im Verteidigungsausschuss die Taliban als legitimes Ziel bezeichnet. Arnold forderte den Minister später auf, diesen Vorwurf zurückzunehmen. "Das ist nichts anderes als eine Verleumdung, wenn Sie das so stehen lassen", sagte er. Ab Januar treffen sich dann alle wieder im Untersuchungsausschuss.

© SZ vom 18.12.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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