Guttenberg und der Fall Kundus:Minister der Inkonsequenz

Karl-Theodor zu Guttenberg ist eigentlich nur eine Randfigur der Kundus-Affäre - bringt sich aber selbst ohne Not in Bedrängnis.

Stefan Kornelius

In der Kundus-Affäre steht plötzlich eine Person im Mittelpunkt, die dort nicht hingehört: Karl-Theodor zu Guttenberg. Der Verteidigungsminister war zum Zeitpunkt des Luftschlags nicht in der Verantwortung. Seine Angreifbarkeit rührt nun einzig daher, dass er in einer von ihm abgegebenen Beurteilung zunächst das Bombardement für angemessen erklärte und später sein Urteil in "unangemessen" änderte.

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Verteidigungsminister Guttenberg ist nur eine Randfigur der Kundus-Affäre. Doch er bringt sich in Bedrängnis.

(Foto: Foto: ddp)

Außerdem werden Motiv und Hergang der Entlassung der beiden Spitzenbeamten im Ministerium hinterfragt. Alles, was Guttenberg vorzuwerfen ist, entwickelt sich aus diesen beiden Punkten. Der Luftschlag selbst, seine Begründung, die Art der Information der Öffentlichkeit in den Wochen und Monaten danach, mögliche Vertuschungen und Manipulationen müssen von anderen verantwortet werden - unter anderem von den beiden Beamten.

Wieso also Guttenberg? Weil der Minister eine Dummheit begangen hat.

Sein ursprüngliches Urteil über den Luftschlag, basierend auf dem Isaf-Bericht und der Beratung der beiden Beamten, fiel undifferenziert aus. Zwar enthält sich der Isaf-Bericht einer Wertung, aber dennoch spricht er von gravierenden Fehlern.

Das Motiv für Guttenbergs erstes Urteil bleibt im Dunkeln: War es Anbiederung an die Soldaten? Schlechte Beratung durch Generalinspekteur und Staatssekretär? Oberflächliche Lektüre des Berichts? Freude am Fabulieren?

Geschenkt. Guttenberg hat sich ja korrigiert und einen Fehler eingestanden.

Nur: Wenn er später zu einem anderen Urteil kam ("unangemessen"), dann hätte er Konsequenzen ziehen und sich vom Befehlsgeber des Luftschlags, Oberst Georg Klein, distanzieren müssen. Das hat Guttenberg aber nicht getan ("lasse ihn nicht fallen"). Damit hat er eine Flanke geöffnet, was ihn verwundbar macht.

Warum er das tat? Vermutlich, um den Soldaten zu schützen, dessen Entscheidung strafrechtlich noch zu beurteilen sein wird.

Guttenberg kann aber kein Interesse daran haben, dass die Bundesanwaltschaft Anklage gegen Oberst Klein erhebt. Der Afghanistan-Einsatz könnte damit in sich zusammenfallen, das wäre ein Desaster.

Guttenberg wollte sich als Soldatenminister profilieren

Außerdem wollte sich Guttenberg als Soldatenminister profilieren, denn die Truppe ist wütend, sie fühlt sich alleine gelassen. Nichts Schlimmeres, als wenn der Einsatz von innen heraus, von den Soldaten selbst, in Frage gestellt würde.

Wenn sich die Soldaten von ihrem Minister im Stich gelassen fühlen, dann kann Guttenberg gleich den Abzug aus Afghanistan befehlen. In der Schadensabwägung muss es Guttenberg leichter gefallen sein, den politischen Widerspruch in seinen Aussagen auszuhalten, als den Druck und die Feindseligkeit der Soldaten. Das übrigens kann ebenfalls politisch gefährlich werden. Einige Minister-Vorgänger haben es erlebt.

Bleibt die Entlassung von Generalinspekteur Schneiderhan und von Staatssekretär Wichert. Schneiderhan greift Guttenberg nun scharf an - ungewöhnlich für einen Mann, der bisher seine Stärke aus der Defensive bezog. Schneiderhan ist gekränkt.

Was er indes mit seinen juristisch feinsinnig formulierten, öffentlichen Attacken bezwecken will, ist unklar. Motive gibt es: Er gehört nicht Guttenbergs politischem Lager an, vielleicht sieht er sein Lebenswerk zerstört, möglicherweise wittert er eine Verschwörung.

Auch bei der Trennung von den Spitzenbeamten hat Guttenberg Fehler begangen. Er hätte die Beendigung der Dienstverhältnisse nicht weiter begründen und lediglich einen Mangel an Vertrauen feststellen müssen. So ist er nun verstrickt in den Begründungszwang. Es steht Aussage gegen Aussage, und die Öffentlichkeit will wissen, wer gelogen hat.

Es fliegt der Schlamm und sauber bleibt da keiner. Guttenberg wirkt unentschlossen in der Affäre. Er hat sich von seinem obersten Soldaten getrennt, lässt ihn aber bis Jahresende im Amt. Inkonsequenz ist eine schwere politische Sünde.

Weitere Videos finden Sie hier

Im Video: Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat Vorwürfe im Umgang mit dem entlassenen Generalinspekteur Wolfgang Scheiderhan abgeblockt.

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