Plagiatsvorwurf:Dr. jur. a. D. von und zu Guttenberg

Lässliche Schlamperei? Verzeihliche Fehler? Karl-Theodor zu Guttenberg äußert sich abermals zur umstrittenen Entstehungsgeschichte seiner Doktorarbeit. Doch von Konsequenzen keine Spur. Der Verteidigungsminister verzichtet lediglich vorübergebend auf seinen Doktortitel - und legt sich gleichzeitig mit den Hauptstadtjournalisten an.

Mit Laptops, Aufnahmegeräten und Kameras versammelten sich wie jeden Freitagmittag die Berliner Parlamentsjournalisten, um von Regierungs- und Ministeriumssprechern die aktuellen Themen erläutert zu bekommen und die drängendsten Fragen zu stellen. Ein guter Zeitpunkt für Karl-Theodor zu Guttenberg, sich genau zu jenen Fragen zu äußern, die derzeit die Leute am meisten interessieren. Was sagt er zu den Vorwürfen, er habe für seine Dissertation abgeschrieben? Ist eine Entschuldigung angebracht, gar ein Rücktritt?

Während sich die Hauptstadtkorrespondenten aber in der Bundespressekonferenz versammelt haben - einem Gebäude in Sichtweite des Bundestags, wo Regierungssprecher und Minister den Parlamentsjournalisten aus dem In- und Ausland regelmäßig Rede und Antwort stehen -, gibt Guttenberg im zwei Kilometer entfernten Verteidigungsministerium ein knappes, nicht angekündigtes Statement ab. Vor "ausgewählten Medienvertretern".

Schmallippig tritt der CSU-Politiker im Verteidigungsministerium vor die handverlesenen Journalisten. Ja, bei der Erstellung seiner Doktorarbeit habe es Fehler gegeben, gibt Guttenberg zu. Und: "Über jeden einzelnen dieser Fehler bin ich selbst am unglücklichsten." Es klingt ein wenig nach der Rechtfertigung lässlicher Schlampereien, als er hinzufügt, er habe die Dissertation über sieben Jahre hinweg "in mühevoller Kleinstarbeit" angefertigt - neben neben seiner Tätigkeit als Politiker und seinen Verpflichtungen als junger Familienvater.

Guttenberg wird vorgeworfen, dass er dutzendfach ganze Passagen fremder Autoren - Journalisten und Wissenschaftler - in seine Arbeit übernommen habe, ohne dies korrekt zu kennzeichnen. Blogger wollen inzwischen mehr als 75 solcher Stellen gefunden haben.

Ganz klar wehrt sich Guttenberg gegen den Vorwurf, seine Dissertation sei ein Plagiat: "Es wurde allerdings zu keinem Zeitpunkt bewusst getäuscht oder bewusst die Urheberschaft nicht kenntlich gemacht. Sollte sich jemand hierdurch oder durch inkorrektes Setzen und Zitieren oder versäumtes Setzen von Fußnoten bei insgesamt 1300 Fußnoten und 475 Seiten verletzt fühlen, so tut mir das aufrichtig leid."

Daher sieht Guttenberg auch keinen Grund zurückzutreten. Einen kleinen Schritt kommt er seinen Kritikern aber entgegen: Bis die Universität Bayreuth den Vorfall abschließend untersucht hat, will er seinen Doktortitel nicht mehr führen. Das wird knapp zwei Wochen dauern. Bis dahin wolle er sich nur noch mit der Universität über das Thema unterhalten und nicht in der Öffentlichkeit dazu Stellung nehmen - schließlich erwarteten die Menschen, dass er sich um das "fordernde Amt des Verteidigungsministers mit voller Kraft" kümmere. Indirekt verweist er auf den Tod eines deutschen Soldaten in der afghanischen Provinz Baghlan an diesem Freitag.

Die Unterstützung der Kanzlerin hat der Verteidigungsminister offenbar. Angela Merkel hatte Karl-Theodor zu Guttenberg am späten Donnerstagabend zu einem Gespräch empfangen. Danach hieß es, sie habe ihm Unterstützung zugesagt, sofern er sich öffentlich erkläre. Laut Guttenberg bedurfte er für seine Stellungnahme aber "keiner Aufforderung".

Alexander Dobrindt, CSU-Generalsekretär und damit Parteifreund Guttenbergs findet, der Verteidigungsminister habe "alles Notwendige" erklärt. "Es ist ein Gebot der politischen Fairness, dass die Opposition jetzt endgültig ihre Vorverurteilungen gegen den Bundesverteidigungsminister einstellt." Die CSU stehe ganz eindeutig zu ihrem Minister. Auch Ministerpräsident Horst Seehofer erklärt, Guttenberg habe die "volle Solidarität und Unterstützung seiner Partei".

Die Opposition drängt auf eine schnelle Aufklärung. Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz forderte Guttenbergs Rücktritt, sollte er seinen Doktortitel verlieren: "Mit diesem Makel kann man nicht mehr Minister sein."

Ob die Plagiatsaffäre für Guttenberg rechtliche Konsequenzen haben wird, ist noch unklar. Bei der Staatsanwaltschaft Bayreuth sind zwei Strafanzeigen eingegangen. Eine bezieht sich auf einen möglichen Verstoß gegen das Urheberrecht, die andere auf den Verdacht einer falschen eidesstattlichen Versicherung. Zumindest Letztere wird nicht zu einem Ermittlungsverfahren führen: Bei einer Doktorarbeit ist laut Promotionsordnung der juristischen Fakultät in Bayreuth hier keine eidesstattliche Versicherung nötig - abweichend von anderen Fakultäten und Universitäten.

Die umstrittene Doktorarbeit wird inzwischen übrigens nicht mehr vertrieben: Die gedruckte Auflage ist ausverkauft, die elektronische hat der Berliner Verlag Duncker & Humblot aus dem Angebot genommen.

Bleiben die verärgerten Journalisten in der Bundespressekonferenz: Statt Guttenbergs Stellungnahme bekamen sie zu hören, welche Termine die Kanzlerin in der nächsten Woche wahrzunehmen gedenkt. Als verlesen wurde, dass Angela Merkel am Dienstag Faschings-Prinzenpaare aus ganz Deutschland empfangen wird, reichte es den meisten: Sie verließen demonstrativ den Saal.

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