Gut so, schlecht so (14):Brotzeit bei Seehofer

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Horst Seehofer ist zwar Bayerns mächtigster, aber nicht mehr Deutschlands beliebtester Politiker. Für mehr Bürgernähe lässt er sich viel einfallen. Die Kolumne zum Medienwahlkampf.

Hans-Jürgen Jakobs

Das Altmühltal hat seinen ganz besonderen Reiz. Wanderer und Radfahrer schätzen die Flusslandschaft, schöne Ort wie Eichstätt und Pappenheim findet sich hier. Vor allem wissen die Bayern natürlich, dass ihr Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer hier eine Ferienimmobilie hat. Hier pflegt er seine Urlaubstage zu verbringen, wenn ihn der Dienstwagen erst einmal in den Naturpark gebracht hat.

Horst Seehofer lässt sich einiges einfallen, um seine Bürgernähe zu demonstrieren. (Foto: Foto: dpa)

In Wahlkampfzeiten kommen die Großkopferten des politischen Betriebs dem Volk, das sie wählt, naturgemäß noch näher, und deshalb dürften viele Bürger beim großen Sommer-Quiz auf der staatlichen Internet-Seite www.bayern.de, das just an diesem Mittwoch startet, erregt aufmerken. Bis zum 14. September können sie zehn Fragen beantworten und sich für ein Gewinnspiel registrieren lassen, dessen Hauptpreis das Bier im Krug zum Schäumen bringt: Der Quizsieger samt Begleitung wird von Seehofer persönlich "zu einer bayerischen Brotzeit in sein Ferienhaus im Altmühltal eingeladen", verspricht die Pressemitteilung.

Auch der zweite und der dritte Preis können sich sehen lassen: Immerhin wird der Ministerpräsident die Gewinner zur Verleihung des Bayerischen Filmpreises im Januar 2010 ins Münchner Prinzregententheater bitten. Aber, mit Verlaub: Was ist das schon im Vergleich zu Radi, Obatzda, Schinken, Käse und Gürkchen auf einem großen Holz-Tablett in Seehofers Altmühltal-Datscha?

"Wir müssen den Horst mit Ankerketten am Boden halten"

Es wird immer wieder gemunkelt, dass hier auch eine große Spielzeugeisenbahn steht, mit der sich der CSU-Politiker von den Strapazen des Parteiengekungels erholen kann. Das Signal geht nach oben, der Zug rauscht durch den Tunnel, und vergessen ist all der Ärger rund um den Koalitionspartner FDP, die nur halb geschmeidige Kanzlerin oder den einstigen Lieblingsschützling Karl-Theodor zu Guttenberg, der sich in Rekordzeit aus des Meisters Zentralsystem emanzipiert hat und zu Deutschlands beliebtesten Politiker aufgestiegen ist.

Das hat die CSU bisher nur einmal erlebt, und zwar Ende Januar 2006 - mit dem Ferienhausbesitzer Horst Seehofer. Zum ersten Mal war damals, vor dreieinhalb Jahren, ein CSU-Politiker die deutsche Nummer eins in Sachen Popularität. Daran war bei Franz Josef Strauß selig nicht zu denken. Der Mann war nördlich des Mains kaum vermittelbar. Seehofer, der 2006 als Agrarminister in Angela Merkels Kabinett saß, musste sich seinerzeit ob seines Star-Index' den Spott des um seine Pfründen fürchtenden Parteichefs Edmund Stoiber anhören: "Wir müssen den Horst doch fast schon mit Ankerketten am Boden halten, damit er nicht abhebt."

Auf die damals kursierenden Spekulationen, Publikumsheld Seehofer könne bald CSU-Chef werden, antwortete der Ingolstädter bescheiden, da "können Sie mich im nächsten Jahrzehnt fragen" - schließlich sei Politik "kein Wunschkonzert".

Jetzt gibt es keine Ankerketten mehr, weder im Altmühltal noch sonst wo. Manchmal erfüllen sich Wünsche eben schneller als man denkt, weil andere in ihrer Egomanie straucheln. So ist Seehofer mittlerweile zwar nicht mehr der beliebteste Politiker Deutschlands, dafür aber formal der mächtigste Mann der CSU. Daran sollte, gerade in den Wochen vor einer Wahl, unbedingt erinnert werden - Bürgernähe sowie ein schönes Ferienhaus schaden dabei nicht.

Bei dem gut staatsbürgerlichen Quiz auf www.bayern.de wird im Übrigen danach gefragt, welche Position Seehofer vor seiner bayerischen Aufgabe innehatte. Und Testkandidaten müssen beantworten, was am 27. September wohl gewählt wird: der bayerische Landtag, das Europaparlament, oder vielleicht doch...

Seehofer habe mit der Gestaltung des Hauptpreises dem Quiz eine "persönliche Note" geben wollen, die Brotzeit zuhause sei seine Idee gewesen, heißt es in der Staatskanzlei. Das Sommer-Quiz findet zum zweiten Mal statt, Premiere hatte es 2008 unter dem fast schon wieder vergessenen Günther Beckstein: Der lud auch zu einer Brotzeit; allerdings in die Münchner Staatskanzlei. 2000 Menschen machten mit.

Im Fall Seehofer dürften - angesichts der Aussicht auf ruhige Stunden im Altmühltal - erheblich mehr Bayern-Freunde mitmachen. Das Quiz wird groß im Internet beworben, mit der wahrheitsgemäßen Botschaft, es seien "attraktive Preise zu gewinnen".

Monarchische Züge

Auf der Homepage der Bayerischen Staatsregierung ist Ministerpräsident Seehofer so häufig mit Bild vertreten, dass der Freistaat fast schon monarchische Züge erhält. Irgendwo im Land ist anscheinend immer ein Fotopflichttermin für den Chef: ein Biomasseheizwerk in Waldmünchen, der Further Drachenstich, das Continental-Werk in Roding, das Gäubodenfest in Straubing - Seehofer ist immer dabei. Auch im Video ist der CSU-Chef zu sehen; prominent wird von der Homepage auf eine Unterseite mit seinen Daten und Aufgaben abgeleitet.

In dieser weiß-blauen Welt kommt jener Mann garantiert nicht vor, der inzwischen weit weg in Berlin Bayerns Farben vertritt, der sogar von der trickreich bekämpften Schwesterpartei CDU im Wahlkampf groß plakatiert wird und der den Enkel jenes Ludwig Erhard gibt, der im fränkischen Fürth geboren wurde, wie das Sommer-Quiz auch verrät. Nein, "Ka-Te", wie Freiherr Guttenberg bei der CSU intern heißt, mag inzwischen deutschlandweit zwar so populär sein, wie es Seehofer einst war - aber das Haus am Fluss und die Rolle des Landesvaters kann dem amtierenden CSU-Chef keiner nehmen.

Das alles lässt sich bei einer zünftigen bayerischen Brotzeit mit Weißbier und Altmühl wunderbar bereden. Und wenn der Sieger des Sommer-Quiz' ganz viel Glück hat, kanner auch das Geheimnis um die Spielzeugeisenbahn lüften.

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