Guns-N'-Roses-Album:Ärger um die "Gewehrblumen"

Lesezeit: 2 min

In China genügt es, in einem Song kurz die verbotene Bewegung Falun Gong zu erwähnen, um zensiert zu werden. Mit diesem Trick promotet die Hardrockband Guns N' Roses jetzt ihr neues Album "Chinese Democracy".

Rockmusik muss rebellisch sein, das ist ihr Schlüssel zum Erfolg. Als Axl Rose noch Bandleader der alten Guns-N'-Roses-Formation war, kamen die Band und er dieser Pflicht zur Rebellion durch gelegentliche Schlägereien nach. Mittlerweile geht Rose auf die 50 zu und sieht von solcherlei körperlicher Betätigung eher ab.

Guns-N'-Roses -Frontmann Axl Rose (links) beim Roskilde Festival in Dänemark. (Foto: Foto: AP)

Politisch aufgepepptes Comeback-Album

Das Rebellenimage verpasst sich die Band mit einem einfachen Trick. Ihr neues Album tauften sie "Chinese Democracy" und erwähnten im gleichnamigen ersten Song die in China verbotene Meditationsbewegung Falun Gong. Prompt sind die Internetseiten der Band von China aus nicht mehr zu erreichen, dem Album ist die Zensur sicher und die kalifornischen Musiker umweht das heroische Image von Männern, die subversive Texte schreiben, gegen Unterdrückung protestieren und für die Meinungsfreiheit persönliche Nachteile in Kauf nehmen.

Dass es das erste Guns-N'-Roses-Album seit 17 Jahren ist, wäre als Werbemaßnahme weit weniger geeignet gewesen, denn Rebellen für den Massengeschmack sollten eher jung sein. Und dass Axl Rose den Song, der nun Aufregung verursacht, schon 1994 geschrieben haben soll, lässt den Verdacht aufkommen, dass der China-Bezug recht kurzfristig dazugefügt wurde. Das Album der in China "Qianghua" - wörtlich "Gewehrblumen" - genannten populären Band dürfte nach Einschätzung von Experten schon wegen des heiklen Demokratie-Titels nicht durch die Zensur kommen, allerdings auf dem Schwarzmarkt als Raubkopie erhältlich sein.

Hardrock-Kritiken in der Parteizeitung

Außer einem Hinweis auf Falun Gong ("Sie haben das Ende gesehen") sind die China-Bezüge in den Texten eher zurückhaltend. Der Economist schreibt, das Werk biete wenig zusammenhängenden politischen Diskurs. Wenn es eine Botschaft gebe, könnten das die möglicherweise an die chinesische Regierung gerichteten Zeilen sein: "You think you've got it all locked up inside and if you beat 'em enough they'll die" und "if your Great Wall rocks, blame yourself."

Die kommunistische Parteizeitung Global Times ließ sich zu einer etwas merkwürdigen, aber für Guns N' Roses eher schmeichelhaften Musikkritik herab. Sie ordnete die CD als "giftige Attacke" ein und witterte gar eine westliche Verschwörung, Demokratie als Vorwand zu benutzen, "um die Welt zu kontrollieren".

Chinas Regierung äußert sich nur zurückhaltend. "So weit ich weiß, mögen viele Leute diese Art Musik nicht", entzog sich der Sprecher des Außenministerium, Qin Gang, auf Journalistenfragen einer politischen Bewertung. "Es ist zu laut und lärmend." Aus den Kreisen der chinesischen Musikindustrie zitiert der Economist einen Kommentar, der anerkennend zugibt, dass ohne den Wirbel um die zensierten Songtexte viele chinesische Rockfans von dem Album wohl kaum gehört hätten.

Amerikanische und chinesische Idioten

In Online-Foren ist die Debatte dementsprechend in vollem Gange, auch wenn chinesische Fans nur mit Schwierigkeiten Zugang im Internet zu "Chinese Democracy" gefunden hatten. Die offizielle Seite des ersten Albums der berühmten Hardrockband seit 17 Jahren, chinesedemocracy.com, ist blockiert, eine musikalische Suche auf dem wichtigsten Internet-Portal Baidu.com unmöglich. Auf MySpace dagegen sind die 14 Titel des neuen Albums zu hören, und auch Blogger können ungehindert ihre Eindrücke weitergeben. Eine Sprecherin des chinesischen Kulturministeriums wollte sich nicht zu dem Verdacht äußern, dass "Chinese Democracy" Opfer der Internet-Zensur sei. "Ich weiß nichts von einem Verbot. Möglicherweise ist das nur ein Gerücht", sagte sie.

Unter den chinesischen Bloggern dagegen gab es heftige Diskussionen über das Album. Allerdings ging es dabei weniger über die auch in der westlichen Kritik umstrittene musikalische Qualität von "Chinese Democracy" als vielmehr um die politische Aussage. Ein Hardrock-Fan aus Guangzhou beklagte sich über den "verächtlichen und verständnislosen Blick" der Gruppe auf das Land; ein anderer aus Guiyang rief dazu auf, das Album nicht allein wegen des Titels abzulehnen, sondern sich Texte und Musik anzuhören und dann "darüber nachzudenken". Shippo7 aus Peking wies lapidar darauf hin, dass die US-Gruppe Green Day ungehindert ein Album mit dem Titel "American Idiot" veröffentlichen kann. "Sollte aber eine Band 'Chinese Idiot' spielen wollen, wären unsere Patrioten empört", schrieb er in seinem Blog.

© sueddeutsche.de/AFP/AP/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: