Die Umfragewerte im Keller, der Vorsitzende farblos, die FDP in der Dauerkrise. Keine Hoffnung mehr. Und plötzlich ist da ein Mann, der das Ruder herumreißt. Der der verschnarchten und als gestrig empfundenen Partei neues Leben einhaucht. Der Mann heißt Guido Westerwelle.
Will auch innenpolitisch wieder mitmischen: Außenminister Guido Westerwelle (FDP)
(Foto: REUTERS)Das war 2001. Damals griff der Jurist aus Bonn nach dem Parteivorsitz, fegte Wolfgang Gerhard einfach vom Chefsessel. Weil er wollte. Weil er konnte. Weil er der Bessere war. Elf Jahre später steckt die FDP wieder im Krisenmorast, noch viel tiefer als 2001. Der Führungswechsel liegt gut neun Monate zurück, er hat nichts gebracht. Im Gegenteil: Desaströse Wahlergebnisse, Umfragewerte im außerparlamentarischen Bereich.
Nichts will gelingen: Christian Lindner gibt als Generalsekretär entnervt auf. Nachfolger Patrick Döring fällt als Erstes mit Fahrerflucht auf, dann mit peinlichen Äußerungen ("Rösler ist kein Kämpfer"). Das Dreikönigstreffen in Stuttgart gerät zum Desaster, weil gleichzeitig die CDU im Saarland die dortige Jamaika-Koalition wegen Unfähigkeit der FDP aufkündigt. In der Debatte um die Finanzmarkttransaktionssteuer argumentiert die FDP mit ihrem notorischen Nein mit dem Rücken zur Wand.
Parteichef Philipp Rösler überzeugt nicht, weder nach innen, noch nach außen. Immer wenn der Vizekanzler im Bundestag ein Rede hält, stichelt die Opposition, Tenor: "Das hätte Westerwelle besser hinbekommen." Und manchem in der FDP dünkt, dass da etwas Wahres dran sein könnte.
Vielleicht ist es jetzt soweit. Am kommenden Sonntag will Westerwelle nach Informationen der Süddeutschen Zeitung den Neujahrsempfang seiner nordrhein-westfälischen Landes-FDP nutzen, um sich zu Wort zu melden. Von einem "innenpolitischem Aufschlag" ist die Rede.
Offen äußern sich zu diesem Zeitpunkt nur wenige Liberale mit Rang und Namen. Vorstandsmitglied Horst Meierhofer sagt der SZ, wenn sich Westerwelle "im Team" einbringe, sei das zu begrüßen, solange sich sein Ton mit dem Amt des Chefdiplomaten der Republik verträgt. Westerwelles verstärktes Engagement "bedeutet ja nicht, dass man die Reset-Taste drückt" - und vergangene Zeiten wiederaufleben lässt.
Auch Oliver Möllenstädt, ebenfalls im FDP-Vorstand, meint, es sei "nicht verkehrt, wenn sich Westerwelle auch innenpolitisch engagiert".
Der stellvertretende Parteichef Holger Zastrow weist im Gespräch mit der SZ auf die "unterschiedlichen Charaktere, Stilmittel und Kompetenzen" der Führungskräfte hin, "um möglichst viele Menschen von der Idee des Liberalismus zu überzeugen". Zastrow findet es gut, wenn die Partei keine One-Man-Show ist wie zu Oppositionszeiten, sondern sich an der Spitze breit aufstellt. Zastrow betont, dass nun das Führungsteam stehe - dazu gehörten "nicht nur die Parteispitze sondern alle Minister", also auch Westerwelle.
Andere prominente Liberale haben zu Westerwelles Ambitionen eine andere Meinung, sie sagen: Er sollte es besser lassen.