Günther Verheugen"Europa fehlt der Wille, Weltpolitik mitzugestalten"

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Der scheidende EU-Kommissar Verheugen warnt im SZ-Interview vor einem Bedeutungsverlust der EU. Nur "die Rechnung zu zahlen", reiche einfach nicht.

EU-Kommissar Günter Verheugen (SPD) wirft den nationalen Regierungen der EU kurzfristiges Denken vor und warnt vor einem Bedeutungsverlust der Europäischen Union in der Welt. "Europa fehlt leider immer noch der Wille und die Macht, Weltpolitik mitzugestalten", sagte der SPD-Politiker im Interview mit der Süddeutschen Zeitung.

Kritisiert seinen Chef: Deutschlands scheidender EU-Kommissar Günther Verheugen.
Kritisiert seinen Chef: Deutschlands scheidender EU-Kommissar Günther Verheugen. (Foto: Foto: Reuters)

Weder der Krieg im Irak noch die Klimakonferenz von Kopenhagen seien von den Europäern zu beeinflussen gewesen. Auch im Nahostkonflikt spiele Europa keine Rolle, weil es der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik an geeigneten Machtinstrumenten fehle.

"Wir haben keine gemeinsamen Streitkräfte. Wir sind verständnisvoll, diplomatisch und zahlen überall die Rechnung. Das reicht nicht", sagte Verheugen. Nationalen Regierungen falle es schwerer, gemeinsam langfristig zu denken, weil "immer die nächste Wahl vor der Tür steht".

Verheugen sprach sich gegen einen Stopp der Erweiterung aus. Kroatien müsse zügig in die Gemeinschaft aufgenommen werden. Auch die anderen Länder des westlichen Balkans sollten eine "realistische Beitrittsperspektive" bekommen.

Die Integration der Türkei sei "der entscheidende Testfall für die Fähigkeit der EU, in eigener Verantwortung eine große weltpolitische Entscheidung zu treffen", betonte der am Ende der Woche aus dem Amt scheidende Politiker.

Mit Blick auf die an diesem Dienstag im EU-Parlament stattfindende Abstimmung über die neue Kommission kritisierte Verheugen erneut den mächtigen Beamtenapparat in Brüssel und die Amtsführung von Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso.

"Zu garantieren, dass die Politik das Sagen hat, ist im Brüsseler Apparat schwieriger als daheim", sagte er. Die Verwaltung habe "große Spielräume". Sie entscheide weitgehend über Personal, Mittelverwendung und Organisation und schwäche damit den Einfluss jedes einzelnen Kommissars.

Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso führe die Kommission "präsidial" und habe die Macht auf sich zentralisiert. Er habe "innerhalb der Kommission dieselbe Stellung wie in Deutschland der Bundeskanzler in der Regierung, und zwar mindestens". Verheugen warnte davor, den neuen deutschen Kommissar als einflusslos zu bezeichnen. "Wir müssen abwarten, welchen Einfluss Günther Oettinger wirklich bekommt", sagte er.

Das komplette Interview finden Sie in der Dienstagsausgabe der Süddeutschen Zeitung.

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