Süddeutsche Zeitung

CDU:Polarisieren kann sie

Aber auch integrieren? Serap Güler soll nach dem Willen von Helge Braun CDU-Generalsekretärin werden.

Von Robert Roßmann

Serap Güler könne "diskutieren, manchmal polarisieren und auch integrieren" - das sei genau das, was eine CDU-Generalsekretärin beherrschen müsse. Mit dieser Beschreibung hat Helge Braun sie jetzt als Kandidatin vorgestellt. Und zumindest über Gülers Talent zum Polarisieren besteht in der CDU tatsächlich große Einigkeit.

Nachdem Hans-Georg Maaßen in einem Thüringer Bundestagswahlkreis als CDU-Kandidat aufgestellt worden war, twitterte Güler: "Wie kann man so irre sein und die christdemokratischen Werte mal eben über Bord schmeißen?" Die CDU in dem Wahlkreis habe "echt den Knall nicht gehört!" Die einen in der Partei waren anschließend erbost, dass eine Christdemokratin Parteikollegen derart scharf angreift. Die anderen freuten sich, dass endlich mal jemand so deutlich auf Distanz zum Ex-Verfassungsschutzchef ging. Polarisieren kann Güler also, das hat sie auch in anderen Debatten bewiesen. Dass sie integrieren kann, wird sie aber noch zeigen müssen.

Sicher ist aber schon jetzt, dass Güler eine interessante Kandidatin ist. Friedrich Merz will einen Mann als Generalsekretär. Norbert Röttgen geht mit Franziska Hoppermann ins Rennen, einer bisher weitgehend unbekannten Abgeordneten. Helge Braun, der dritte Bewerber für den Parteivorsitz, tritt dagegen mit einer Frau an, die einen in der CDU immer noch ungewöhnlichen Lebenslauf mitbringt.

Serap Güler kam 1980 in Marl als Kind türkischer Eltern auf die Welt. Sie ist Muslima. "Mein Vater war als sogenannter Gastarbeiter Bergmann und lange Jahre Alleinverdiener", sagt Güler. Sie wisse, was es heiße, "wenn am 17. oder 18. eines Monats gesagt wird: Das können wir uns diesen Monat nicht mehr leisten." Irgendwann habe ihre Mutter dann entschieden, putzen zu gehen. Und sie selbst habe vor ihrem Studium erst mal eine Ausbildung zur Hotelfachfrau gemacht, sagt Güler. Sie wisse also, "was es bedeutet, anderen die Betten zu machen, die Badezimmer zu putzen" oder um fünf Uhr morgens das Frühstück für die Gäste zuzubereiten, "während die Altersgenossen gerade von einer Party nach Hause kommen".

Das sind die Erfahrungen, aus denen Güler ableitet, was in der Union jetzt passieren muss. In ihrem Kölner Wahlkreis hätten viele die CDU nicht mehr gewählt, weil sie der Meinung seien, dass die CDU "zunehmend die Partei der sozialen Kälte" geworden sei, sagt Güler. Die CDU müsse aber Politik für alle Menschen unabhängig von ihrem Einkommen machen. Sie müsse "mutiger und unbequemer" werden. Und sie müsse es schaffen, dass die Menschen "nicht nur Angela Merkel vertrauen, sondern auch der CDU".

Ihre Partei müsse das "Storytelling" wieder lernen, findet Güler. Die CDU müsse "über all diejenigen berichten, denen der soziale Aufstieg gelungen ist". Und sie müsse "die Nöte derer ernst nehmen, die den sozialen Abstieg fürchten". Was aus all diesen Bekundungen konkret folgen soll, das hat Güler allerdings noch nicht verraten.

Sicher ist aber, dass sie zu denen gehört, denen der soziale Aufstieg gelungen ist. Nach der Hotel-Ausbildung studierte sie Kommunikationswissenschaft und Germanistik. 2012 zog sie in den Landtag und in den CDU-Bundesvorstand ein. 2017 wurde sie Integrationsstaatssekretärin in der Regierung des damaligen Ministerpräsidenten Armin Laschet. Seit September ist sie Bundestagsabgeordnete.

Wer glaubt, dass sie wegen ihrer Biografie in der Flüchtlingspolitik besonders liberal wäre, täuscht sich allerdings. Güler gehört zu denen, die finden, dass die Integrationskraft Deutschlands wegen des starken Zuzugs in den vergangenen Jahren ausgeschöpft sei. Sie ist deshalb auch dagegen, dass Deutschland jetzt eine größere Zahl der Migranten aufnimmt, die an der polnisch-belarussischen Grenze festhängen. Das dürfte auch denen in der CDU gefallen, die Güler im Streit um Maaßen verprellt hat.

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