Guantanamo-Kritik:Beifall für Merkel

Parteiübergreifend haben sich deutsche Politiker Bundeskanzlerin Angela Merkel angeschlossen, die sich deutlich gegen das US-Gefangenenlager in Kuba ausgesprochen hat.

Wenige Tage vor ihrem Antrittsbesuch in Washington hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel für die Schließung des umstrittenen US-Gefangenenlagers Guantanamo ausgesprochen.

Sie werde darüber auch mit US-Präsident George W. Bush reden, kündigte Merkel am Wochenende an. Ihre Kritik fand über die Parteigrenzen hinweg Beifall. US-Vizeaußenminister Nicholas Burns fand unterdessen lobende Worte für die Entwicklung der deutsch-amerikanischen Beziehungen.

Sie seien nach dem Regierungswechsel in Berlin "schon enger geworden", sagte Burns dem Tagesspiegel am Sonntag. Trotz der Meinungsverschiedenheiten über CIA-Flüge, Geheimgefängnisse und die Entführung des deutschen Staatsbürgers Khaled el Masri äußerte er sich positiv. Merkel und Außenministerin Condoleezza Rice hätten "auf eine pragmatische und für beide Seiten befriedigende Art" über diese Fragen gesprochen. "Es wäre nur normal, wenn das Gespräch fortgesetzt wird", sagte Burns.

Mit einer Entschuldigung Bushs für die Entführung rechnet er angesichts einer anhängigen Klage El Masris nicht. "Aber wir sind im Gespräch über diesen Fall mit unseren deutschen Partnern, auf allen Ebenen." Merkel reist am Donnerstag in die USA und trifft sich am Freitag mit Bush.

Bei ihrem Besuch werde sie auch ihre Haltung zu Guantanamo äußern, bekräftigte die CDU-Vorsitzende am Samstag nach einer Vorstandsklausur in Mainz und bekräftigte ihre Haltung: "Eine Institution wie Guantanamo kann und darf auf Dauer so nicht existieren. Es müssen Mittel und Wege für einen anderen Umgang mit den Gefangenen gefunden werden."

Der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber unterstützte sie darin. "Die Bundeskanzlerin weist zu Recht darauf hin, dass die USA, die weltweit für Frieden und Freiheit eintreten, ihre Praxis in Guantanamo überprüfen sollten", sagte er Bild am Sonntag.

Auch die SPD-Fraktion begrüßte Merkels Haltung. "Das System Guantanamo war und ist falsch, es stand und steht im Widerspruch zu den einschlägigen völkerrechtlichen Vereinbarungen und Standards", erklärte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Walter Kolbow.

Eine Schließung sei überfällig und würde "die Glaubwürdigkeit der USA als freiheitsliebendes Land fördern", sagte Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn. FDP-Vorsitzender Guido Westerwelle mahnte gleichfalls, auch im Kampf gegen den Terrorismus könne es keine rechtsfreien Räume geben. "Auch für unsere Verbündeten muss die Menschenwürde überall unantastbar sein."

Deutsch-türkische Initiative für Kurnaz

Auf dem amerikanischen Militärstützpunkt Guantanamo auf Kuba werden rund 500 Terrorverdächtige festgehalten, viele seit Jahren ohne Anklage oder anwaltlichen Beistand. Washington betrachtet sie als "feindliche Kombattanten", denen nicht die Rechte von Kriegsgefangenen eingeräumt werden.

Zu den Gefangenen gehört auch der in Bremen aufgewachsene türkische Staatsangehörige Murat Kurnaz. Laut Spiegel will die Bundesregierung in einer gemeinsamen Initiative mit der Türkei seine Freilassung erreichen. Nach Deutschland werde vorerst aber nicht zurückkehren können.

Das Bundesinnenministerium habe eine Einreisesperre bis Mai 2007 verhängt. Die Behörden befürchteten, dass Kurnaz nach dem jahrelangen Aufenthalt in Guantanamo radikalisiert sei.

Das Gefangenenlager war nach dem Afghanistan-Krieg im Anschluss an die Terroranschläge vom 11. September 2001 für mutmaßliche Al-Kaida-Mitglieder und Taliban-Kämpfer eingerichtet worden. Menschenrechtsgruppen haben wiederholt die Zustände in Guantanamo kritisiert.

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