Süddeutsche Zeitung

Lehrermangel:Doch keine Vier-Tage-Woche in niedersächsischer Grundschule

Medienberichten zufolge wollte die Schule wegen Lehrermangels zu dieser ungewöhnlichen Maßnahme greifen. Doch das Kultusministerium interveniert.

Die Grundschule Wiefelstede im Landkreis Ammerland wird wohl keinen Unterrichtstag für einzelne Jahrgänge streichen - entgegen einer früheren Ankündigung der Schulleiterin. Das niedersächsische Kultusministerium in Hannover teilte am Dienstag mit, dass es dazu nicht kommen soll. "Die Überprüfung der Sachlage hat ergeben, dass Spielräume bestehen, um durchgängige Schulpräsenz an allen Wochentagen für alle Schuljahrgänge zu sichern", hieß es in einer Stellungnahme des Ministeriums.

Der Ausfall von Unterrichtstagen soll mit mehreren Maßnahmen abgewandt werden: Der Stundenplan der Schule für mehr als 300 Schülerinnen und Schüler wird dem Ministerium zufolge umgestellt. Klassen lege man zusammen. Zudem kämen pädagogische Fachkräfte zum Einsatz und eine Feuerwehrlehrkraft werde kurzfristig eingestellt. Das zuständige Regionale Landesamt für Schule und Bildung Osnabrück setze in Abstimmung mit der Schule die Vorhaben sofort um. "Die "Vier-Tage-Woche" ist damit vom Tisch", teilte der Sprecher mit.

Engpässe bei der Personalsituation

Dem Ministerium zufolge ist die Personalsituation an der Grundschule angespannt. Engpässe hätten sich ergeben, weil drei Lehrkräfte aufgrund der Corona-Mutterschutzbestimmungen ausfielen und eine weitere Lehrkraft längerfristig fehle. "Gleichwohl war die getroffene Entscheidung, für einzelne Jahrgänge einen Unterrichtstag zu streichen, weder alternativlos, noch mit dem zuständigen Regionalen Landesamt für Schule und Bildung Osnabrück - und auch nicht mit dem Kultusministerium - abgestimmt", kritisierte das Ministerium.

Das Streichen ganzer Unterrichtstage - insbesondere an Grundschulen - sei grundsätzlich nicht vorgesehen, so das Ministerium. Vergleichbare Vorgehensweisen seien nicht bekannt. Unberührt davon könne es kurzfristig zu Ausfallsituationen kommen. Der Fall Wiefelstede verdeutliche, dass es richtig gewesen sei, das Thema Fachkräftemangel im Bildungsbereich ganz oben auf die landespolitische Agenda zu setzen.

Zuvor war bekannt geworden, dass die Schulleiterin Doris Tapken wegen akuten Lehrermangels mit der Einführung der Vier-Tage-Woche die Notbremse ziehen wollte. "Unsere Unterrichtsversorgung sieht sehr schlecht aus, und wir sehen uns nicht in der Lage, alle Klassen gleichermaßen mit Unterricht zu versorgen", schrieb sie laut Medienberichten in einem Elternbrief.

Von diesem Dienstag an sollte ursprünglich ein Vertretungsplan in Kraft treten, nachdem jeweils einen Tag einer der Jahrgänge 2 bis 4 daheimbleiben müsse. Weil es im ersten Jahrgang fünf Klassen gebe, würden diese auf zwei Tage verteilt. Ein Betreuungsangebot für Kinder, die zu Hause nicht betreut werden könnten, solle es an der Schule geben.

Unlängst hatte der Landeselternrat Niedersachsen von einer "desolaten Lage" an den Schulen im Land gesprochen und Veränderungen gefordert. Die Unterrichtsversorgung an den niedersächsischen Schulen sank auf den niedrigsten Wert seit Beginn der Statistik vor 20 Jahren, wie Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) vor Kurzem bekannt gab. Der aus dem Verhältnis von Schülern und Lehrerstunden ermittelte Wert lag demnach zum Stichtag 8. September 2022 bei 96,3 Prozent (Vorjahr: 97,4 Prozent).

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