Die Bundesregierung will den Begriff "Rasse" aus dem Grundgesetz streichen. Das hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montagabend mit Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) vereinbart. Das Vorhaben, das auf eine Initiative der Grünen zurückgeht, war in der Bundesregierung zunächst auf Widerstand gestoßen. Nun soll das Wort "Rasse" aus dem Grundgesetz gestrichen werden, der Schutz vor Rassismus aber bleiben. Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) soll mit Seehofer einen Gesetzentwurf erarbeiten. "Das Vorhaben ist aus meiner Sicht richtig und sehr in Ordnung", sagte er der Süddeutschen Zeitung.
Artikel 3 des Grundgesetzes sieht vor, dass niemand wegen "seiner Rasse" benachteiligt oder bevorzugt werden darf. Der Begriff "Rasse" gilt in der Wissenschaft heute aber als unangemessen. Trotz unterschiedlicher äußerer Merkmale lässt menschliches Erbgut sich nicht in Rassen aufteilen. Dass der Begriff 1949 in die Verfassung kam, war auch der Abgrenzung von nationalsozialistischem Rassenwahn geschuldet.
Rechtsextremismus bei der Polizei:Die Mauer des Schweigens zeigt zunehmend Risse
Immer mehr rassistische Parolen und Nazi-Witze aus Polizisten-Chats kommen ans Licht. Das ist erschreckend. Doch die Empörung über die Vorfälle zeigt auch eine Wirkung.
"Der dort aufgeführte Begriff der 'Rasse' stößt heute auf Kritik", teilte ein Sprecher des Justizministerium am Dienstag mit. Geplant sei nun eine "sprachliche Anpassung", die aber nicht dazu führen dürfe, "dass im Ergebnis der bisherige Schutzbereich verkleinert oder von Betroffenen als Verschlechterung empfunden wird". Schutz vor "Rassismus" könnte also Eingang ins Grundgesetz finden, das Wort "Rasse" aber verschwinden.
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt begrüßte die geplante Novellierung. "Das Wort 'Rasse' ist vergiftet", sagte sie der SZ. "Das ist ein Begriff des Unrechts und der Ausgrenzung." Ihre Fraktion sei bereit, die Koalition "bei der genauen Ausformulierung" der Änderung zu unterstützen: "Wir schlagen vor, ein Verbot rassistischer Diskriminierung aufzunehmen."
Beigelegt haben Merkel, Scholz und Seehofer auch den Streit um eine Rassismus-Studie bei der Polizei. Nach zahlreichen Ermittlungen wegen Rechtsextremismus wuchs der Druck auf Seehofer, Rassismus bei der Polizei zu untersuchen. Eine solche Studie lehnt er ab. "Es hat sich an meiner Position nichts geändert", sagte er am Dienstag. Bei der Polizei stehe die "ganz überwältigende Mehrheit zweifelsfrei zu unserem Staat". Gleichzeitig gelte bei Extremismus "das Ziel null Toleranz". Nun soll eine Studie kommen, die Seehofer bereits vor zwei Wochen angekündigt hatte. Sie soll klären, mit welchen Vorstellungen Polizisten ihren Beruf ergreifen und welche Gewalterfahrungen sie machen. Eine weitere Untersuchung soll zeigen, welchen Diskriminierungen Menschen mit Migrationsbiografie bei der Job- und Wohnungssuche, in Betrieben, Behörden und auch bei der Polizei ausgesetzt sind.
Vizekanzler Scholz betrachtet eine stärkere Fokussierung auf die Polizei als Verdienst der SPD. Er habe Seehofer überzeugen können, die Untersuchung deutlich auszuweiten. Nun sei klar, dass sie wirklich komme. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese lobte die "sehr gute Entscheidung".