Grünes Spitzenduo Göring-Eckardt und Trittin:Die Zarte und der Harte

So geht Arbeitsteilung bei den Grünen: Katrin Göring-Eckardt gibt die Mutter der Nation und umgarnt die kleinen Leute. Jürgen Trittin schießt gegen "Crazy Horst" Seehofer und Kanzlerin Merkel. Die Grünen bejubeln ihr Spitzenkandidaten-Duo. Sie feiern den Auftritt als Beweis für ihre Schwarmintelligenz.

Michael König, Hannover

Grüne Jürgen Trittin Katrin Göring-Eckardt

Grüne Arbeitsteilung: Die Spitzenkandidaten Jürgen Trittin und Katrin Göring-Eckardt lassen sich auf dem Parteitag bejubeln.

(Foto: Getty Images)

Licht aus, Zeit für große Gefühle. Im Hannoveraner Congress Centrum läuft ein Video mit Impressionen der grünen Urwahl, unterlegt mit Musik der Gruppe "Madsen": "Ich mach die Augen zu / Und nehme all meinen Mut / Hier kommt ein ganz normaler Held / Ich rette die Welt".

Die Welt retten, darunter machen es die Grünen nicht. Es erscheinen im Lichtkegel: Katrin Göring-Eckardt und Jürgen Trittin, die Gewinner der Mitgliederabstimmung, die Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl 2013. Auf dem Bundesparteitag in Hannover sollen sie nun beweisen, dass die Schwarmintelligenz die richtigen Grünen gewählt hat.

Bald zeigt sich: Zumindest die Arbeitsteilung fällt den beiden leicht. Trittin ist für die Hiebe zuständig, Göring-Eckardt für die Liebe.

Die Frau hat den Vortritt. Göring-Eckardt sagt, es gehe hier um "etwas richtig Großes". Jeder solle sich überlegen, was er antworten könne, "wenn dein Kind oder Enkelkind dich morgen fragt: Hast du eigentlich genug getan, damit die Erde nicht immer wärmer wird?"

So gefühlig geht es weiter. "Das regt mich total auf", "das nervt mich", "das ist mir echt peinlich", sagt sie in loser Folge. Und sie kennt "die Probleme der Leute". Egal, ob es um das Schwimmbad geht, das "dicht macht". Oder um die Heizkostenabrechnung, teure Winterstiefel, die Pickel des pubertierenden Nachwuchses. Ihre Zuhörer applaudieren höflich, manch einem ist das offenbar zu viel: "Ja. Wir Grüne können mit Messer und Gabel essen. Besser als Union und FDP", schreibt der grüne Bundestagsabgeordnete Sven Kindler auf Twitter.

Sogar die Abrechnung mit dem politischen Gegner ist emotional. Dass ihr Familienministerin Kristina Schröder, diese "alte Tante aus vorfeministischer Zeit", gratuliert habe, sei "das Härteste" gewesen, sagt Göring-Eckardt.

Der "lieben CSU und CDU" ruft sie zu: "Wir wollen eure Wählerinnen und Wähler, denn die haben nur auf uns gewartet." Ein bemerkenswerter Schwenk, den ähnlich auch der Parteivorsitzende Cem Özdemir schon vollzogen hatte.

"Grün oder Merkel"

Bei Jürgen Trittin ist der Ton ein ganz anderer. Ihn feiern die Zuhörer dafür, dass er nicht an Beleidigungen spart. Er wolle nicht über den CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt reden, denn wenn der den Mund aufmache, "dann kommt immer gleich ein Shitstorm raus".

Gemeinsam mit seinen CDU- und FDP-Kollegen Hermann Gröhe und Patrick Döring habe sich Dobrindt zum "vorweihnachtlichen Schrottwichteln" getroffen und die Einführung des Betreuungsgeldes verkündet. "Genug von dieser Gurkentruppe", sagt Trittin, um dann doch weiter über Schwarz-Gelb zu reden.

Die Politik von Kanzlerin Angela Merkel, dieser "angeblich schwäbischen Hausfrau aus Templin", sei "nicht bürgerlich, sondern schäbig". Nur weil die Kanzlerin zwischen CSU-Chef "Crazy Horst" Seehofer und Rainer Brüderle stehe, sei sie "noch keine Kraft der Mitte". Den FDP-Vorsitzenden Philipp Rösler nennt Trittin einen "Leerverkauf".

"Grün oder Merkel" sei das Motto der Wahl, sagt Trittin. Dann ist Schluss. Beide Spitzenkandidaten werden in Schals gehüllt, "Grün gewinnt", steht darauf. Die Menge johlt und spendet langen Applaus. Die Schwarmintelligenz fühlt sich in ihrer Wahl bestätigt.

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