Grüner Ex-Haushälter Metzger:"In Wahljahren wirst du belogen"

Bewusste Lüge nein, Verschleierung ja - so hat der frühere Haushaltsexperte der Grünen, Oswald Metzger, im "Lügenausschuss" des Bundestages den Umgang der Regierung mit den leeren öffentlichen Kassen vor der Wahl 2002 gewertet. Rot-Grün habe die Praxis fortgesetzt, die seit Jahrzehnten bei allen Parteien vorherrsche. "In Wahljahren wirst du belogen", sagte Metzger.

Eine Verschwörung, eine Verabredung zur bewussten Lüge habe es aber nicht gegeben, betonte der frühere Bundestagsabgeordnete. Aber alle verantwortlichen Politiker hätten erkennen können, wie desaströs die Lage vor der Wahl gewesen sei.

Oswald Metzger

Oswald Metzger

(Foto: ap)

Ihm selbst sei allein mit seinen Bordmitteln klar gewesen, dass die kalkulierte Netto-Kreditaufnahme nicht ausreichen würde und das Maastrichter Defizitkriterium damit nicht einzuhalten wäre. "Wer sehen wollte, wusste, was auf uns zu kam", sagte Metzger.

Dies gelte jedoch nicht nur für die Bundesregierung, sondern auch für die Verantwortlichen in den Ländern. Es sei ein Skandal, dass auch die Länderfinanzminister nicht hätten Laut geben können, weil sie in die Kassandra-Strategien ihrer Regierungen eingebunden gewesen seien.

Auch der bayrische Finanzminister Kurt Faltlhauser habe erst zwei Monate nach der Bundestagswahl einen Nachtragshaushalt vorgelegt, um zu verhindern, dass ein Schatten auf die Kanzlerkandidatur von Ministerpräsident Edmund Stoiber fiel.

Metzger, der heute als Publizist und Politikberater arbeitet, gilt als Kronzeuge für den Vorwurf der Opposition die Bundesregierung habe die Wähler bewusst getäuscht. Er hatte schon vor der Wahl wiederholt erklärt, die Finanzlage sei desaströs und das Defizitkriterium kaum mehr einzuhalten.

Gut im Geschäft

Metzger kann sich offenbar nicht über einen Mangel an lukrativen Jobs beklagen, seit er nicht mehr im Bundestag sitzt. Nun könne er konzeptioneller arbeiten, sagte Metzger in einem Interview des Fernsehsenders XXP, "und ich verdiene gutes Geld dabei".

Im Augenblick arbeite er an einer demographischen Studie für die Bertelsmann-Stiftung. Sein Buch "Einspruch wider den organisierten Staatsbankrott" habe er in nur drei Monaten geschrieben.

Dennoch zieht es Metzger zurück in die Politik. Da ihm die Grünen vor der letzten Bundestagswahl nur einen schlechten Listenplatz boten, habe er mit Stolz auf eine Aufstellung verzichtet, sagte er.

"Jetzt möchte ich vier Jahre lang mein Geld außerhalb der Politik verdienen und dann wieder für den Bundestag kandidieren."

Heye weist Betrugsvorwurf zurück

Der frühere Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye hatte zuvor vor dem Ausschuss den Vorwurf der Wählertäuschung zurückgewiesen. Es habe keine Vereinbarung gegeben, Bundestag und Öffentlichkeit vor der Bundestagswahl am 22. September 2002 falsch oder unvollständig zu informieren, sagte Heye.

Ein solcher Verdacht sei völlig abwegig, zumal die Bundesregierung in Fragen des Haushalts- oder Sozialkassendefizits "kein Informationsmonopol" habe. "Auf diesem Feld gibt es viele Spieler."

Heye vertrat die Ansicht, dass das Haushaltsdefizit, die Einhaltung des Maastricht-Kriteriums und die Lage der Sozialkassen in der öffentlichen Debatte im Sommer 2002 eine eher untergeordnete Rolle gespielt hätten.

Die Diskussion habe sich eher darum gedreht, wie sich die Konjunktur im Falle eines Irak-Krieges entwickeln werde. Dass er in dieser Zeit von einer sich langsam bessernden Wirtschaftslage gesprochen habe, liege in der Natur der Sache.

"Es ist Aufgabe der Bundesregierung, Optimismus zu verbreiten", sagte Heye.

(sueddeutsche.de/AP)

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