Grünen-Parteitag:Özdemirs kleiner Sieg

Bundesparteitag der Grünen

Bundesparteitag in Hamburg: Grüne fassen Beschluss gegen Waffenlieferungen. Abweichende Meinung Özdemirs wird aber respektiert

(Foto: dpa)

Waffen in Krisenregionen - die Parteilinke hätte das gerne ein für allemal ausgeschlossen. Doch die erhoffte große Mehrheit für diese Position bleibt aus. Handlungs- und regierungsfähig sind die Grünen damit noch lange nicht.

Von Thorsten Denkler, Hamburg

Es geht am Ende nur noch um diesen einen Satz. Einen Satz von unbestechlicher Klarheit. Aber auch ein Satz, der jenen in der Partei, die Waffenlieferungen unter Umständen für richtig halten, einen unmissverständlichen Riegel vorgeschoben hätten. Der Satz lautet: "Waffenlieferungen in Krisengebiete lehnen wir ab."

Er stammt vom linken Teil der großen Mehrheit in der grünen Bundestagsfraktion, die Waffenlieferungen der Bundesregierung in den Irak abgelehnt hat. Dafür waren jedoch auch einige. Cem Özdemir zum Beispiel, Bundesvorsitzender der Grünen. Das hat für einigen Streit gesorgt.

In dem Satz gipfelt vor allem ein Machtkampf zwischen ihm, dem Realo, und dem linken Flügel. Der Parteitag sollte nicht nur begrüßen, wie die Bundestagsfraktion sich letztlich entschieden hat. Er sollte auch generell alle Waffenlieferungen in Krisengebiete ausschließen.

Auch wenn die Abstimmung nicht ganz eindeutig ausgegangen ist: Özdemir hat den Kampf gewonnen, der Satz hat knapp die notwendige absolute Mehrheit verfehlt. 319 Delegierte waren zwar dafür, den Satz aufzunehmen und 299 dagegen. Aber 24 Delegierte haben sich enthalten. Um den Satz in den Antrag aufzunehmen, hätte eine Mehrheit aller abgegebenen Stimmen zustimmend ausfallen müssen. Dafür hat es nicht gereicht. Und das ist durchaus eine Überraschung.

Es geht um die Differenzierung: Gegen Waffenlieferung in diesem speziellen Fall zu sein, bedeutet nicht, Waffenlieferungen im Fall einer Nothilfe generell abzulehnen. Da haben sich die Linken in der Fraktion verrechnet. Mit einfachen Antworten, das haben die Delegierten gezeigt, lassen sich keine klaren Mehrheiten mehr auf Parteitagen erringen.

Nicht wegsehen

Die Kehrseite ist allerdings auch: Die Grünen sind in dieser Frage gespalten. Sie tun sich schwer damit, halbwegs kohärente Antworten auf den brutalen Krieg zu finden, den der "Islamische Staat" in Irak und Syrien führt. Das macht sich auch an dem Beschluss fest, eine Bundeswehrbeteiligung an einem Kampf gegen den IS nur zu prüfen, wenn es dazu ein Mandat der Vereinten Nationen gibt.

Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt hat im Grunde das Richtige gesagt: Wenn es etwa um Minenräumung geht, ist die Bundeswehr sehr gut ausgestattet. An der syrischen Grenze zum Irak zerfetzen regelmäßig Minen Flüchtlinge, die von den IS-Terroristen aus ihren Dörfern und Städten vertrieben werden. Göring-Eckardt will nicht wegsehen und wäre bereit, deutsche Minenräumer an die Grenze zu schicken. Sie hat dafür viel Applaus bekommen.

Nur: Wer erst auf ein Mandat des UN-Sicherheitsrates warten will, der schickt auch keine Minenräumer. So ein Mandat wird es auf absehbarere Zeit nicht geben. Die Grünen wollen das Völkerrecht wahren. Das ist ein ehrbares Ziel. Aber wenn Hilfe nicht möglich ist, weil sich im UN-Sicherheitsrat die Großmächte gegenseitig blockieren, dann muss es andere Lösungen geben. Darüber nachzudenken, dazu konnten sich die Grünen nicht durchringen. Für die Opposition mag das reichen. Für die Regierung nicht. Der Sieg Özdemirs, er war nur ein kleiner Sieg.

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