Grünen-Chef Cem Özdemir:Anatolisch wertkonservativer Schwabe

Trittin weg, Künast weg, Roth weg. Doch Cem Özdemir bleibt grüner Parteichef. Seine Laufbahn begann in der schwäbischen Provinz - und nahm dann einen Umweg. Seine Karriere in Bildern.

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Sondierungsgespräche von Union und Grünen

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Trittin weg, Künast weg, Roth weg. Doch Cem Özdemir bleibt grüner Parteichef. Seine Laufbahn begann in der schwäbischen Provinz - und nahm dann einen Umweg. Seine Karriere in Bildern.

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Özdemirs Laufbahn ist geprägt von seiner Herkunft: Er wolle zeigen, dass "ein deutscher Türke im Parlament kein bärtiges Ungeheuer mit einem Krummdolch am Gürtel" sei, das die "Männer zwangsbeschneidet und den Frauen Kopftücher umbindet", sagte der ausgebildete Erzieher einmal. Der Sohn türkischer Eltern tritt 1981 in Baden-Württemberg den Grünen bei, er gründet einen Ortsverband in seiner Heimat Bad Urach und schafft es 1989 in den Landesvorstand. Kurz darauf folgt die erste Kandidatur für den Bundestag. Das Foto zeigt ihn im Jahr 1995.

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Die Grünen stellen Özdemir 1990 als Direktkandidat in Esslingen auf. Ein kalkulierter Fehlschlag, der sich in ähnlicher Form wiederholen wird, denn außer Christian Ströbele in Berlin hat es noch niemals ein Grüner via Direktmandat in den Bundestag geschafft. Erst bei der Bundestagswahl 1994 schafft es Özdemir dann logischerweise über die Landesliste ins Parlament. Er engagiert sich zunächst vor allem in der Einwanderungspolitik, den EU-Beitritt der Türkei und ist 1995 einer der ersten deutschen Abgeordneten mit eigener Website und E-Mailadresse. Als Mitglied der "Pizza Connection" bemüht sich Özdemir - hier 1997 beim Kaffee - um einen besseren Kontakt zwischen Grünen und Union.

PLAKATAKTION " HIER GEBOREN, HIER ZU HAUSE"

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1997 veröffentlicht Özdemir das Buch "Ich bin Inländer. Ein anatolischer Schwabe im Bundestag". Seine Botschaft kommt nicht überall gut an: Die türkische Zeitung Hürriyet startet eine Hetzkampagne gegen Özdemir, kritisiert seine angeblich mangelnde Loyalität gegenüber dem türkischen Staat und geißelt ihn als Landesverräter. Im Jahr darauf bewirbt sich Özdemir erfolglos als Ausländerbeauftragter der neuen rot-grünen Bundesregierung.

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Im Juli 2002 folgt der Karriereknick: Özdemir muss einräumen, einen Kredit über 80.000 Mark beim umstrittenen PR-Berater Moritz Hunzinger aufgenommen haben. "Naivität und mangelnde Vorsicht" hätten dazu geführt. Als eine Affäre um die private Nutzung beruflicher Flug-Bonusmeilen hinzukommt, tritt Özdemir schließlich im Juli 2002 als Abgeordneter zurück. Er nimmt eine Auszeit und geht als Stipendiat nach Washington, ehe er den Umweg Straßburg und Brüssel einschlägt.

TURKEY-ISTANBUL-GREEN/EUROPEAN FREE ALLIANCE

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2004 wird Özdemir, inzwischen verheiratet, ins Europäische Parlament gewählt, wo er sich um die Annäherung zur Türkei kümmert und illegale Geheimdienstaktivitäten in Europa untersucht. Im März 2008 dann die Rückkehr auf die bundespolitische Bühne: Die Grünen machen ihn mit 80 Prozent Zustimmung zum Parteivorsitzenden an der Seite von Claudia Roth. Die Parteilinke und der Realo bilden von nun an ein ungleiches Paar.

Auf Stimmenfang zur Bundestagswahl

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Ein sicherer Listenplatz für die Bundestagswahl 2009 bleibt Özdemir verwehrt, er probiert es abermals als Direktkandidat, diesmal in Stuttgart - und scheitert erneut. 2010 wählen ihn die Grünen ...

Bundesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen

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... mit 88,5 Prozent erneut zu ihrem Parteichef, es ist sein bislang bestes Ergebnis. Roth (hier links im Bild) kann sich als Befürworterin olympischer Winterspiele in München mit ihrer Linie nicht durchsetzen und erhält nur 79,3 Prozent.

Orden wider den tierischen Ernst für Özdemir

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2012 bekommt Özdemir den Aachener Karnevalsorden wider den tierischen Ernst und, wichtiger, den lang ersehnten sicheren Listenplatz für die Bundestagswahl: Er wird Spitzenkandidat in Baden-Württemberg, das inzwischen von seinem Vertrauten Winfried Kretschmann regiert wird. Während seine Partei im Wahlkampf auf Steuererhöhungen für Wohlhabende setzt, umwirbt Özdemir konservative Wähler: "Wir wollen nicht die Union, wir wollen die Stimmen der Union" sagt er auf dem Parteitag in Hannover. Die Grünen seien die besseren Bürgerlichen: "Wir sind wertkonservativ, nicht strukturkonservativ wie die Union."

Bundestagswahl 2013

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Die Wahl 2013 ist schließlich eine Enttäuschung für Özdemir: Als Direktkandidat in Stuttgart holt er 27,5 Prozent der Erststimmen und scheitert erneut an der CDU. Die Grünen bekommen bundesweit 8,4 Prozent. Die Fraktionschefs Jürgen Trittin und Renate Künast signalisieren kurz darauf ihren Rückzug, auch Parteichefin Claudia Roth will nicht wieder antreten. Özdemir aber will bleiben.

Länderrat Bündnis 90/Die Grünen

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Er macht sich - vergeblich - für seine baden-württembergische Realo-Kollegin Kerstin Andreae als neue Fraktionschefin stark, die jedoch Katrin Göring-Eckardt unterliegt. Gemeinsam mit Anton Hofreiter (links im Bild) bildet Göring-Eckardt die neue Fraktionsspitze. Özdemir plädiert auch für die ernsthafte Prüfung einer schwarz-grünen Koalition, doch in Sondierungsgesprächen überwiegen die kulturellen und inhaltlichen Unterschiede zur Union.

Özdemir war 2008 als Parteichef angetreten, die Parteiflügel zusammenzuführen. Nach der Wahlschlappe 2013 sind die Unterschiede zwischen Realos und Reformern wieder ziemlich deutlich.

© SZ.de/mikö/beitz/lala
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