Süddeutsche Zeitung

Grüne:"Sicherheit, Weltoffenheit - die gehören zusammen"

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Nach den Querelen um Simone Peters Kritik am Silvestereinsatz der Kölner Polizei betonen die Grünen, dass sie mit "Polizeipraktikern" in vielen Punkten übereinstimmen.

Von Barbara Galaktionow

Das Jahr 2017 hat für die Grünen nicht gerade positiv begonnen. Nach ihrer etwas voreiligen Kritik am Silvester-Einsatz der Kölner Polizei wurde Parteichefin Simone Peter selbst kritisiert sowie massiv beschimpft. Auch führende Politiker ihrer eigenen Partei distanzierten sich von Peters Vorwurf, die Kölner Polizei habe Racial Profiling betrieben, und lobten explizit das Vorgehen der Beamten, so auch Co-Parteichef Cem Özdemir.

Als Peter und Özdemir nun an diesem Dienstag zusammen in Berlin vor die Presse treten, ist von dem Dissens nicht mehr die Rede. Vielmehr beschwören sie die Geschlossenheit der Partei. Das "Kraftzentrum" der Partei habe "absolute Einigkeit" gezeigt, sagt Özdemir zum Abschluss der zweitätigen Jahresauftakt-Klausur der Grünen.

Und so soll es auch im Bundestagswahlkampf weitergehen. Denn welche zwei Politiker ihn anführen, das wird in der kommenden Woche in einer Urwahl entschieden. Das Prozedere "war nicht ohne", sagt Özdemir, der mit zwei weiteren männlichen Bewerbern um einen der Spitzenposten konkurriert (Katrin Göring-Eckardt ist als einzige weibliche Bewerberin gesetzt). Doch wer auch immer es werde, habe am Ende ein "hohes Maß an Legitimation" und sei "gut beraten, die anderen gut einzubinden".

In Fragen der Sicherheitspolitik scheint die Partei sich jedenfalls bei ihrem Treffen auf eine gemeinsam Linie verständigt zu haben. "Sicherheit und Freiheit und Selbstbestimmung voranbringen - dafür stehen die Grünen", sagt Peter. Denn "Sicherheit, Weltoffenheit - das sind keine Gegensätze, die gehören zusammen".

Ähnlich formuliert Özdemir: Sicherheit und Freiheit, das seien "zwei Seiten derselben Medaille". Allerdings, so räumt er ein, gebe es hier auch "manchmal ein Dilemma". Es seien "zwei Werte, die manchmal kollidieren". Das habe man in Köln gesehen. Das gelte aber auch bei der Frage der Videoüberwachung. Diese müsse man an die aktuelle Lage anpassen, beispielsweise bei Massenveranstaltungen oder Kriminalitätsschwerpunkten. Es dürfe jedoch keine "Gesamtüberwachung der Gesellschaft geben".

Özdemir hebt hervor, dass das Thema Sicherheit kein Thema bestimmter Parteien sei. "Für Sicherheit sind wir alle zuständig." Und nach der Debatte um Peters Polizeikritik versucht Özdemir, einem zumindest aus manchen Kommentaren in sozialen Netzwerken zu entnehmenden Eindruck entgegenzuwirken, Grüne und Polizei, das passe nicht zusammen.

Die Grünen würden sich "nicht an dem Überbietungswettbewerb" beim Thema Sicherheit beteiligen, sagt Özdemir. Man müsse gucken, wo es Schwachstellen gebe, und das täten die Grünen, so betont er, "mit den Polizeipraktikern zusammen". Zu der Grünen-Klausur sei auch Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamts geladen gewesen, berichtet der Parteichef. Das erstaunliche Ergebnis der Gespräche sei, dass Grüne und Polizei "sehr nah beieinander in vielen Fragen" lägen. Welche das sind, führt er allerdings nicht aus.

Urwahl-Prozedere ist "nicht ohne"

Menschen müssten im öffentlichen Raum ungefährdet "leben, arbeiten, sich bewegen können", sagt Peter. Beide Grünen-Chefs zeigten sich überzeugt, dass die Sicherheitsfrage im anstehenden Bundestagswahlkampf relativ großen Raum einnehmen werde, versuchen aber auch, ihre eigenen Themen auf die Agenda zu heben.

Peter hebt hervor, dass zur Frage der Sicherheit auch soziale Sicherung gehöre. Ein Punkt, damit das funktioniere: "Superreiche" dürften sich nicht einfach aus dem Staat zurückziehen, indem sie keine Steuern zahlten. "Klimaschutz, Arbeitsplätze, Lebensqualität zusammenbringen , das bleibt Ur-Grüne Politik", sagt Peter und verweist auf Forderungen nach dem schnellen Umstieg auf Elektro-Mobilität oder dem Ausstieg aus der Massentierhaltung.

Und gibt noch Verkehrsminister Alexander Dobrindt einen mit, dessen geplante Pkw-Maut wohl noch weniger Geld einbringen wird, als geplant, wie die SZ heute berichtete. "Die Dobrindt-Maut nervt langsam", sie sei ein teures Fiasko und am Ende zahle sogar der Staat drauf. Es sei "höchste Zeit, diese missratene Maut endlich aus dem Verkehr zu ziehen".

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