Grüne:Raus aus der Abseitsfalle

Landtagswahl Brandenburg - Wahlparty Bündnis 90/Die Grünen

Die grüne Parteichefin Annalena Baerbock bei Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen.

(Foto: Patrick Pleul/dpa)

Nach jahrelangen Misserfolgen können die Grünen in Ostdeutschland wieder gewinnen - obwohl die Erfolge geringer ausfallen, als manche gehofft hatten.

Von  Constanze von Bullion

Ergebnisse mindestens verdoppeln, in mehreren Städten Direktmandate holen - und dann regieren, irgendwie. So etwa sah der Plan aus, mit dem die Grünen am Sonntag in die Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen gezogen waren. Lange vor den ersten Hochrechnungen stand für viele in der Partei schon fest: Es sollte ein erfolgreicher Abend werden. Nach Jahren im politischen Abseits sahen die Grünen gute Chancen, in Potsdam und Dresden mitzuregieren. Nach Thüringen und Sachsen-Anhalt säßen sie damit bereits in der vierten ostdeutschen Landesregierung.

Als bei der grünen Wahlparty in Potsdam die ersten Hochrechnung bekannt werden, gibt es denn auch entschlossenen Applaus und ein paar Juchzer, später aber auch einige nachdenkliche Gesichter. Bei 10,8 Prozent liegen die Grünen in Brandenburg am Abend. 2014 waren sie auf 6,2 Prozent gekommen. Damit gehört die Partei zu den Wahlsiegern des Abends. Der Erfolg aber ist deutlich kleiner ausgefallen als von Wahlforschern bis zuletzt angekündigt. Und in Sachsen, wo die Grünen 2014 gerade mal auf 5,7 Prozent gekommen waren, sacken sie im Lauf des Wahlabends auf 8,6 Prozent, es bleibt bei einem einstelligen Ergebnis.

"Das ist ein Riesenwahlerfolg für uns alle", sagt die Parteivorsitzende Annalena Baerbock am Abend in Potsdam. Ihr fällt nun die Aufgabe zu, ein eher mittelprächtiges Ergebnis als tolles Resultat zu loben. "Wir haben die Stimmung gedreht. Die Wahlbeteiligung ist deutlich angestiegen. Die Leute sagen, das ist unser Land", ruft Baerbock. Mit Blick auf Sachsen räumt Parteichef Robert Habeck später ein, es sei "offensichtlich, dass zur CDU auch Grünenwähler gegangen" seien, um dieser in Sachsen den ersten Platz vor der AfD zu sichern.

Mit der Wahlbrandenburgerin Annalena Baerbock und ihrem Kompagnon Robert Habeck waren zwar zwei starke Bundesvorsitzende durch den Wahlkampf getourt. Eins zu eins aber lässt der Bundestrend der Grünen sich auf Ostdeutschland nicht übertragen. Immerhin, nach Jahren, in denen die Grünen dort gegen den Ruf einer spinnerten Westpartei kämpften, war der Ton bei Wahlveranstaltungen diesmal geradezu höflich. In Potsdam, Dresden oder Leipzig sahen die Grünen neue Allianzen aus Engagierten gegen rechts und Umweltfreunden wachsen. In Potsdam konnte die Kommunalpolitikerin Marie Schäffer sogar das Direktmandat erobern - das einzige für die Grünen in Brandenburg.

In Leipzig und Dresden gelang das den Grünen Christin Melcher und Thomas Löser. Kniffligste Aufgabe der Partei dürfte das Erwartungsmanagement werden. Denn was auf Sachsen und Brandenburgs Grüne zukommt, könnte nicht nur ambitionierten Neumitgliedern, sondern auch den Bundesgrünen vor Augen führen, wie hart Realpolitik sein kann. Insbesondere in Sachsen, wo ein guter Teil der CDU der AfD nahesteht, dürften die Grünen Not haben, mit einem einstelligen Wahlergebnis ihre Ideen durchzusetzen. Hier zeichnete sich am Abend eine stabile Mehrheit nur für eine Kenia-Koalition aus CDU, SPD und Grünen ab.

In Brandenburg reichte es zunächst ganz knapp für ein rot-rot-grünes Bündnis. Ob es dazu kommt, ist ungewiss. "Nur eine Laufzeitverlängerung für Rot-rot wird es mit uns nicht geben", kündigte Brandenburgs grüne Spitzenkandidatin Ursula Nonnemacher an. Das zielte auf die müde wirkende Landesregierung aus SPD und Linken. Letztere gehört zu den Verlierern des Abends. Eine breitere Mehrheit hätte in Brandenburg ohnehin eine Koalition aus SPD, CDU und Grünen. Die Sondierungen dürften haarig werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: