Die ersten Kandidaten für die Nachfolge von Ricarda Lang und Omid Nouripour stehen fest. Franziska Brantner, 45, und Felix Banaszak, 34, wollen für den Parteivorsitz der Grünen kandidieren. Das gaben die Grünen-Politiker am Freitagnachmittag bekannt. Beide Namen kursierten schon kurz nach Bekanntgabe des Rücktritts der bisherigen Chefs, doch Brantner und Banaszak hatten zunächst offen gelassen, ob sie wirklich den Hut in den Ring werfen.
Am Freitag wurde klar: Beide treten an. Brantner und Banaszak machten bei einem gemeinsamen Auftritt im Bundestag deutlich, wie sie die Grünen aus der Krise führen wollen: mit dem Glauben an die eigenen Kräfte. Das Land und die Partei steckten in schwierigen Zeiten, räumte Brantner ein. Die Grünen aber könnten das Land zusammen- und voranbringen. Sie wolle, dass Bündnis 90/Die Grünen der Ort seien, „an dem sich Menschen versammeln, die an Deutschland und an Europa glauben“. Im Falle ihrer Wahl werde sie die Aufgabe mit Demut angehen, sagte Brantner weiter. Auf Instagram nannte sie die Klima- und die Migrationspolitik als wichtige Felder. Die Grünen müssten sicherstellen, dass Deutschland „Heimat ist und bleibt für jene, die hier seit Generationen leben, und Heimat wird für jene, die neu ankommen.“
„Dieses Land braucht jetzt eine politische Kraft, die den Kopf nicht in den Sand steckt“
Auch Banaszak gab sich trotz der aktuell schwachen Umfragewerte für seine Partei kämpferisch. Die Grünen stünden nicht da, wo sie stehen wollten. Allen Widrigkeiten zum Trotz stecke aber viel Kraft in der Partei. Er wolle antreten, um diese Kraft zu entfesseln. „Ich habe Höhen und Tiefen erlebt und erfahren, dass es nach einem Tal wieder bergauf gehen kann“, sagte er mit Blick auf die teils schwachen Wahlergebnisse in seinem Landesverband Nordrhein-Westfalen. Inzwischen sind die Grünen dort wieder Teil der Regierung in einer Koalition mit der CDU. „Dieses Land ist verunsichert. Aber dieses Land braucht jetzt eine politische Kraft, die den Kopf nicht in den Sand steckt“, sagte er weiter.
Gewählt werden sollen die künftigen Parteichefs auf dem nächsten Parteitag der Grünen vom 15. bis zum 17. November in Wiesbaden. Möglich ist zwar, dass sich weitere Kandidaten bewerben. Allerdings gelten Brantner und Banaszak als aussichtsreiche Wunschformation des designierten Kanzlerkandidaten Robert Habeck. Sie hätten auch in der Partei großen Rückhalt, hieß es am Freitag aus beiden Lagern der Grünen.
Brantner gilt als die profilierte Strategin aus dem Realo-Flügel der Partei. Sie ist Parlamentarische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium und eine der engsten Vertrauten Habecks. Banaszak würde als junger Wirtschaftspolitiker die Interessen des Linken-Flügels in die Parteispitze einbringen. Er war bereits vier Jahre lang Landeschef der Partei in Nordrhein-Westfalen.
Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung will sich mit Sven Giegold ein weiterer Habeck-Vertrauter auf einen Posten im Grünen-Vorstand bewerben. Das verkündete dieser am Samstag beim Kongress der Grünen Linken. Giegold ist derzeit ebenfalls Staatssekretär im Wirtschaftsministerium und könnte das Amt des Politischen Geschäftsführers anstreben.
Wer wird Habecks Wahlkampfleiter?
Zunächst kursierte in Fraktionskreisen auch der Name Andreas Audretsch als möglicher Kandidat für den Parteivorsitz. Am Freitagnachmittag bestätigte er auf X, dass er neben seinem aktuellen Amt als stellvertretender Fraktionsvorsitzender Wahlkampfleiter für Habecks Bundestagswahlkampf werde.
Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung will zudem ein Teil des am Mittwoch zurückgetretenen Bundesvorstands erneut für die bisherigen Ämter kandidieren. So wollen die stellvertretende Bundesvorsitzende Pegah Edalatian, die die internationale Politik koordiniert, der stellvertretende Bundesvorsitzende Heiko Knopf, der für die regionale Verankerung der Grünen und Ostdeutschland zuständig ist, und Bundesschatzmeister Frederic Carpenter wieder antreten. Es gehe auch darum, Kontinuität im Vorstand zu gewährleisten, hieß es. Zusammen mit Brantner, Banaszak und Audretsch wäre der Vorstand damit wieder komplett.
Vizekanzler Robert Habeck bezeichnete die Kandidatur des Duos für den Parteivorsitz am Freitag als „starkes Signal für einen Neustart“ der Partei. Dies gelte auch für die Bereitschaft von Audretsch, die Wahlkampfleitung zu übernehmen. „Wir werden auf dem Bundesparteitag mit neuer Kraft nach vorne gehen“, sagte er.
Erst am Mittwoch hatten Lang und Nouripour den Rücktritt der gesamten Parteispitze bekannt gegeben. Sie wollen ihre Ämter bei dem „Bundesdelegiertenkonferenz“ genannten Parteitag im November zur Verfügung stellen, bis dahin sind sie noch geschäftsführend im Amt.