Grüne:Özdemir entfacht Debatte

Der Parteichef kündigt seine Kandidatur bei der Urwahl der grünen Spitzenkandidaten für 2017 an.

Von Nico Fried

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt hat ihre Partei davor gewarnt, sich mit Blick auf die Bundestagswahl 2017 vorzeitig auf eine Koalitionsoption festzulegen. "Wir können in diesem Wahlkampf erstmals ganz auf unsere Eigenständigkeit setzen", sagte Göring-Eckardt der Süddeutschen Zeitung. "Wir können unsere Politik vertreten und müssen uns nicht an einer gewünschten Koalition ausrichten." 2013 habe ein strategischer Fehler darin bestanden, dass die Grünen noch zu Beginn des Wahlkampfes ausschließlich von einer rot-grünen Koalition ausgegangen seien und sich entsprechend ausgerichtet hätten. Einen solchen Fehler dürfe man nicht noch einmal machen. Zugleich plädierte Göring-Eckardt dafür, neben den bestehenden Kontakten zur SPD auch Gespräche mit der Union zu führen, um vorzeitig schwierige Punkte zu identifizieren und über Kompromissmöglichkeiten nachzudenken.

Zuvor hatte Grünen-Parteichef Cem Özdemir seine Kandidatur bei der Urwahl der grünen Spitzenkandidaten angekündigt und sich zugleich skeptisch über die Chancen einer rot-grünen Koalition geäußert. "Wir koalieren in vielen Ländern mit der SPD", sagte Özdemir der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Mit Blick auf den Bund fügte er jedoch hinzu: "Wir haben seit 2005 drei Anläufe unternommen, und es hat dreimal nicht geklappt, und gegenwärtig sieht es auch nicht so aus, als ob das wahrscheinlich wäre." Özdemir, 50, ist seit sieben Jahren Vorsitzender der Grünen, derzeit gemeinsam mit Simone Peter. Er kommt aus dem baden-württembergischen Landesverband und galt bereits vor der sich anbahnenden grün-schwarzen Koalition in Stuttgart als Befürworter einer Öffnung für Bündnisse mit der Union. Zur Begründung für seine Kandidatur sagte Özdemir, bei der Bundestagswahl werde es um die Themen Umwelt, Gerechtigkeit und Integration beziehungsweise Weltoffenheit gehen. "Von allen drei Themen verstehe ich was", sagte der gebürtige Schwabe mit türkischen Wurzeln.

Die Union ist "in relevanten Punkten immer noch weit von uns entfernt", sagt Anton Hofreiter

Ähnlich wie Göring-Eckardt äußerte sich auch ihr Co-Fraktionschef Anton Hofreiter. Er halte es "für falsch, uns auf eine Koalitionsoption zu versteifen", sagte Hofreiter der SZ. Eine rot-grüne Regierung bleibe seine präferierte Koalition, "aber wir sind bereit, mit allen demokratischen Parteien zu sprechen, auch mit der Union". Gleichwohl sei die Union "in relevanten Punkten immer noch weit von uns entfernt", so Hofreiter. Als Beispiele nannte er den Kohleausstieg, das Freihandelsabkommen TTIP sowie die Frage, wie man mehr Gerechtigkeit schaffen könne. Zudem dürfe die Union "kein Abo" auf das Kanzleramt haben. "Unser Job ist jetzt, anderthalb Jahre vor der Bundestagswahl nicht Koalitionsverhandlungen und Anbiederung zu betreiben, sondern mit klarer Oppositionsarbeit deutlich zu machen, was die Fehler der großen Koalition, der Union und von Kanzlerin Merkel sind", sagte Hofreiter.

Die Grünen wollen bis Ende Januar 2017 ihr Spitzenteam bestimmen. Neben Özdemir und Hofreiter will auch Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck antreten, sofern sein Landesverband ihn unterstützt. Göring-Eckardt ist voraussichtlich die einzige Frau im Bewerberfeld und gilt deshalb als gesetzt, da wegen der Quotierung mindestens eine Frau dem Spitzenteam angehören muss.

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