Grüne:Klimakiller

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Baden-Württembergs Verkehrsminister wollte als Reaktion auf den VW-Skandal unangemeldete Abgastests einführen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann bremst ihn jetzt.

Von Josef Kelnberger

Winfried Kretschmann als Beifahrer des Daimler-Konzerns, darüber wundert sich niemand mehr in Baden-Württemberg. Im Alltag nutzt der grüne Ministerpräsident einen S 500 von Mercedes-Benz, einen Plug-in-Hybrid, als Dienstwagen. Am Wochenende saß er, ein besonderer Anlass, im ersten selbstfahrenden Serien-Lkw, der eine öffentliche Autobahn befuhr. Als "Quantensprung in der Entwicklung der Mobilität" lobte er Daimlers Autopilot-System. Kretschmann brach bei der Gelegenheit gleich eine Lanze für die ganze heimische Autoindustrie, trotz Diesel-Gate. "Wir können mehr als fahrende Eier", sagte der Ministerpräsident in Anspielung auf die Konkurrenz durch amerikanische IT-Giganten und deren ovale Prototypen. Ja, er sagte tatsächlich: Wir.

Kretschmann weiß, welcher Branche sein Land das Wirtschaftswachstum von 3,1 Prozent im ersten Halbjahr 2015 verdankt. Den VW-Skandal nennt er ein "Desaster", das auch Baden-Württemberg erschüttern könne. Jeder vierte Arbeitsplatz hängt an der Autoindustrie. Deshalb predigen die regierenden Grünen nicht Verzicht aufs Auto, sondern umweltfreundliche Automobilität als Markt der Zukunft. Aber wie man die Konzerne zum grünen Glück zwingt, darüber scheint es unterschiedliche Vorstellungen zu geben.

Kretschmann lud, um die Folgen des VW-Debakels zu diskutieren, die Manager zu einem runden Tisch. Sein Verkehrsminister Winfried Hermann dagegen neigt zu rabiaterem Vorgehen. Er traut den Automobilkonzernen schon länger nicht. Immer wieder hat er darauf hingewiesen, dass die Testwerte nicht mit den tatsächlichen Abgaswerten übereinstimmen. Schon vor Bekanntwerden des VW-Skandals hat er deshalb für die Verkehrsministerkonferenz, die in dieser Woche in Worms stattfinden wird, eine Initiative auf den Weg gebracht: Die Bundesregierung solle sich bei der EU für neue Abgasvorschriften einsetzen. Dazu zählen Abgasmessungen im realen Betrieb. Am Wochenende kündigte Hermann nun forsch an, er werde in Baden-Württemberg demnächst unangemeldete Abgastests durchführen lassen. Er sprach von "Dopingkontrollen für die Autobauer".

Das gab wieder ein großes Hallo, ähnlich wie vor einigen Wochen, als Hermann temporäre Fahrverbote vorschlug, um die Feinstaubbelastung in Stuttgart in den Griff zu bekommen.

Die Opposition blies sofort wieder das Schreckgespenst des "Auto-Hassers" Hermann auf, der dem Land schade, aber sie war damit nicht allein. Auch Claus Schmiedel, Fraktionsvorsitzender des Koalitionspartners SPD, unkte: Wer werde noch einen gebrauchten Diesel kaufen, wenn er befürchten müsse, "von einem Hermann-Messkommando aus dem Verkehr gezogen zu werden".

Winfried Kretschmann und sein alter Weggefährte Winfried Hermann sind wegen solcher Themen schon öfter aneinandergeraten. Wie die Kommunikation wohl diesmal verlief? Jedenfalls hat der Verkehrsminister am Montag versichert: Man wolle nicht den laufenden Verkehr kontrollieren. Es gehe nur darum, Serienfahrzeuge testen zu lassen. Und es handle sich lediglich um ein Angebot an die Industrie, solche Tests gemeinsam zu entwickeln. Keine Rede mehr von Dopingkontrollen.

© SZ vom 06.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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