Süddeutsche Zeitung

Die Grünen:Offenbar E-Mails von Parteichefs erbeutet

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Die Grünen sind Opfer eines Hackerangriffs geworden. Auch E-Mails von Ricarda Lang und Omid Nouripour wurden offenbar abgegriffen. Wer die Angreifer sind, ist unklar. Das LKA ermittelt.

Von Constanze von Bullion, Berlin, und Christoph Koopmann, Berlin/München

Hacker haben sich Zugang zum parteiinternen IT-System der Grünen verschafft und zudem offenbar E-Mails der Bundesvorsitzenden erbeutet. Einen Bericht des Spiegel bestätigte die Partei am Donnerstag. Die Hintergründe sind noch unklar.

Demnach wurde bereits am 30. Mai eine Hackerattacke auf das "Grüne Netz" festgestellt. Dies ist quasi das Intranet der Partei, in dem etwa vor Parteitagen Änderungsanträge veröffentlicht werden und Mitglieder auch über einen integrierten Cloud-Speicherdienst Dateien hochladen und mit anderen teilen können. In dieser "Grünen Wolke" werden normalerweise keine vertraulichen Verhandlungspositionen für Koalitionsgespräche ausgetauscht. Was genau allerdings durch den Angriff abhanden gekommen ist, wusste in der Grüben-Zentrale auch am Freitag niemand zu sagen.

Momentan verhandeln die Grünen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein mit der CDU über mögliche neue Landesregierungen. Ob auch sensible Daten abgeflossen sind, ist nicht bekannt. Es handle sich jedenfalls um keine "größere Datenmenge", sagte eine Parteisprecherin der Grünen dem Spiegel. Seit Montag ist das "Grüne Netz" aus Sicherheitsgründen nur noch eingeschränkt nutzbar. Die Mitglieder des Netzes wurden am Donnerstag über den Vorfall informiert.

Als unzutreffend bezeichnete eine Grünen-Sprecherin am Freitag Berichte, wonach es den Angreifern gelungen sei, direkten Zugriff auf E-Mail-Konten grüner Mitglieder oder Funktionäre zu nehmen. Dies sei nicht der Fall. "Es ist den Angreifern aber gelungen, E-Mails zu kopieren und weiterzuleiten, die von Außenstehenden an Grünen-Adressen geschickt wurden." Die Weiterleitung sei beendet worden. Dem Spiegel zufolge handelte es sich um Mails der Grünen-Vorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour.

In welchem Ausmaß und in welchem Zeitraum Mails weitergeleitet worden sind, wird derzeit noch ermittelt. Die Grünen-Sprecherin sagte, alles deute daraufhin, dass sowohl die Attacke auf das IT-System als auch die auf die E-Mails der Vorsitzenden von denselben Angreifern ausgingen.

Hackerangriffe auf Politiker häufen sich

Warum und mit welchem Ziel die Grünen angegriffen wurden, ist zum jetzigen Zeitpunkt ungewiss. Die Grünen haben Strafanzeige erstattet. Das Landeskriminalamt Berlin ermittelt nun, auch das Bundeskriminalamt ist eingebunden. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik ist ebenfalls informiert.

In den vergangen Jahren und Monaten hat es immer öfter Angriffe auch auf IT-Systeme politischer Organisationen in Deutschland gegeben. Anfang 2019 etwa wurde bekannt, dass ein Hacker private Adressen, Kontaktdaten und Chats zahlreicher Politiker und Prominenter, darunter der damalige Grünen-Vorsitzende Robert Habeck, auf Twitter veröffentlicht hatte. Im Zuge des Ukraine-Krieges werden auch in Deutschland vermehrt Angriffe auf IT-Systeme registriert, die russischen Gruppen zugeschrieben werden.

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