Grüne:Olympia: Der erzwungene Rücktritt der Claudia Roth

Die Grünen stimmen gegen Olympia 2018 in München - und desavouieren damit die Parteispitze. Grünen-Chefin Claudia Roth muss sich aus dem Olympia-Kuratorium zurückziehen.

Thorsten Denkler, Freiburg

Ein ganzes Wochenende haben sich die Grünen auf ihrem Bundesparteitag geschworen, alle Kritiker Lügen zu strafen, die sie als Dagegen-Partei bezeichnen. Mit der Kritik müssen sie sich herumschlagen, weil sie etwa massiv gegen das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 sind.

Grüne Claudia Roth Freiburg Parteitag Olympia München

Das Votum ist vor allem eine Schlappe für die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth.

(Foto: Getty Images)

Dann aber wird am späten Samstagabend der Antrag V-20 aufgerufen. Und alle Beteuerungen sind dahin.

Mit einer Mehrheit von 289 zu 244 Stimmen bei 70 Enthaltungen sprechen sich die Grünen gegen die Olympiabewerbung von München und Garmisch-Partenkirchen aus. Das trifft besonders die Parteivorsitzende Claudia Roth. Sie sitzt zu diesem Zeitpunkt noch im Kuratorium der Olympia-Bewerbung. Manche sagen, das allein sei der Grund, warum sie es bei ihrer Wiederwahl wenige Stunden zuvor nicht über die 80-Prozent-Marke geschafft hat.

Roth hatte sich da noch verteidigt: Sie glaube, dass sie grüne Inhalte am besten im Kuratorium umsetzen könne. Die Delegierten haben ihr das offenbar nicht abgenommen.

Zunächst wollte Claudia Roth auf die Frage von sueddeutsche.de direkt nach der Abstimmung nicht sagen, ob sie als Konsequenz aus dem Votum aus dem Kuratorium austreten werde. Stunden später war klar: Die Parteichefin geht nach dem Parteitags-Nein aus dem Olympia-Kuratorium raus. Der Parteivorstand habe entschieden, dass sich die Grünen nach der Entscheidung aus dem Gremium zurückzögen, erklärte ein Sprecher.

Die Gegner der Bewerbung haben an diesem Samstagabend die für die Delegierten überzeugenderen Argumente. Korbinian Freier aus dem grünen Kreisverband Garmisch-Partenkirchen (also "direkt betroffen", wie er sagt), nennt die Olympiabewerbung "ökologisch, gesellschaftlich und finanziell nicht tragbar". Es werde für eine "18-Tage-Party hektarweise Land umgepflügt". Er berichtet, es seien reihenweise Umweltverbände aus der Umweltkommission zur Bewerbung ausgetreten.

"Wenn ein Zug auf dem eindeutig falschen Gleis unterwegs ist, dann muss ich auch mal die Notbremse ziehen dürfen", schimpft Freier. Der Parteitag jubelt ihm zu.

Der Münchener Stadtrat Florian Roth versucht vergeblich, die Delegierten für sich zu gewinnen. Ein Bundesparteitag könne nicht in 20 Minuten über etwas entscheiden, was von den bayerischen Grünen seit eineinhalb Jahren kontrovers auf allen Ebenen diskutiert werde. Auch sein Argument, dass es einen mit 100 Millionen Euro unterlegten Umweltplan gebe und dies nur den Grünen zu verdanken sei, half nicht.

Mit Winfried Hermann versucht noch ein prominenter Bundespolitiker der Grünen zu retten, was zu retten ist. Das Nachhaltigkeitskonzept der Bewerbung bezeichnet der Vorsitzende des Umweltausschusses im Bundestag als das "beste ökologisch nachhaltige Konzept, das es bisher überhaupt gegeben" habe im Zusammenhang mit einer sportlichen Großveranstaltung. Überdies könnten die Grünen zeigen, das es möglich sei, so ein Event "ökologisch zu gestalten".

Dass das passieren wird, bestreiten die Gegner. Katharina Schulze aus dem Kreisverband München trifft mit einer emotionalen Rede das Herz der Grünen.

Sie sei in die Partei eingetreten, weil bei ihr "Ökologie und Nachhaltigkeit an erster Stelle stehen". An der Olympiabewerbung aber "kann man nichts Grünes und Nachhaltiges mehr erkennen". Sie fordert die Delegierten auf, hier zu "unseren Werten und Idealen" zu stehen. Sie habe auf dem Parteitag von nahezu jedem Redner gehört, die Grünen müssten glaubwürdig bleiben und Ecken und Kanten zeigen. "Ich finde einfach, dass das jetzt an der Zeit ist!", ruft sie.

Der Parteitag nimmt es auf wie eine Erweckung.

Endlich wieder dagegen. Wie schön.

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