Süddeutsche Zeitung

Grüne im Bundestag:Özdemir will Fraktionschef werden

  • Özdemir zwingt die bisherigen Fraktionschefs Göring-Eckardt und Hofreiter mit seiner Ankündigung einer Kampfkandidatur in einen Machtkampf.
  • Der frühere Parteivorsitzende tritt bei der Neuwahl des Fraktionsvorstands am 24. September im Team mit der Bremer Abgeordneten Kirsten Kappert-Gonther an.
  • Die Parteiführung reagiert zunächst mit Schweigen.

Der Grünen-Politiker Cem Özdemir will die bisherigen Fraktionschefs seiner Partei im Bundestag ablösen und selbst an die Spitze der Abgeordneten rücken. Der frühere Parteivorsitzende tritt bei der Neuwahl des Fraktionsvorstands am 24. September im Team mit der Bremer Abgeordneten Kirsten Kappert-Gonther an.

Die beiden wollen Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter ablösen, die erneut für die Doppelspitze kandidieren. Bereits seit Oktober 2013 führt das Duo die Fraktion. Bei der vorigen Fraktionswahl im Januar 2018 hatten Göring-Eckardt und Hofreiter ohne Gegenkandidaten jeweils nur rund zwei Drittel der Stimmen der 67 Grünen-Abgeordneten bekommen.

"Wir sind überzeugt davon, dass ein fairer Wettbewerb der Fraktion gut tut - nach außen wie nach innen", schreiben der 53-jährige Özdemir und die 52-jährige Kappert-Gonther jetzt in ihrer Bewerbung, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Bis zur Bundestagswahl gehe es darum, auch als kleinste Fraktion im Parlament "mit neuem Schwung der Gegenpol einer schwachen Regierung zu sein". Die beiden stellen in ihrer Bewerbung klar, dass sie für den nächsten Wahlkampf im Bund keine Spitzenkandidatur anstreben. Dafür gelten Grünen-intern die Parteichefs Annalena Baerbock und Robert Habeck als de facto gesetzt.

Die Fraktionschefs werden bei den Grünen zwar einzeln gewählt und nicht im Team, es muss aber mindestens eine Frau dabei sein. In der Regel sind auch beide Parteiflügel - Linke und sogenannte Realpolitiker - an der Spitze der Fraktion vertreten. Kappert-Gonther gehört wie Hofreiter zu den Parteilinken, Özdemir und Göring-Eckardt sind "Realos".

Die Parteiführung reagierte auf die Ankündigung zunächst mit Schweigen. Kein Spitzenpolitiker kommentierte öffentlich den überraschenden Schritt vom Samstag. Dabei müssen Partei- und Fraktionsführung nun dafür sorgen, dass das anstehende Ringen nicht den Wahlkampf vor der Landtagswahl Ende Oktober in Thüringen beeinträchtigt.

"Tragen große Verantwortung"

Özdemir war bei der Bundestagswahl noch Parteichef und neben Göring-Eckardt Spitzenkandidat der Grünen. Nach dem Scheitern der Gespräche für eine Jamaika-Koalition mit Union und FDP wurde er Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Bundestag und trat damit politisch in die zweite Reihe. Für den Parteivorsitz hatte er nicht erneut kandidiert.

"Wir sind die kleinste Oppositionsfraktion, aber tragen große Verantwortung", schreiben Özdemir und Kappert-Gonther, die seit 2017 im Bundestag sitzt und dort Sprecherin der Grünen für Drogenpolitik ist. "Diese Verantwortung wollen wir mit Euch gemeinsam annehmen und bewerben uns als Team bei Euch als Fraktionsvorsitzende." Die Fraktion sei am "schlagkräftigsten", wenn jeder und jede "eine aktive Rolle übernimmt und die eigenen Stärken auch ausspielen kann". Zusammenarbeit solle nicht "Zuarbeit aus fein parzellierten Kleingärten" sein, sondern "ein gemeinsames Einstehen für miteinander entwickelte Projekte".

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